Pflegegeld unterstützt Sie dabei, eine häusliche Versorgung mit Angehörigen, Freundeskreis oder Ehrenamt zu organisieren. Es handelt sich um eine Geldleistung der sozialen Pflegeversicherung, die nicht frei verfügbar ist, sondern die selbst beschaffte Hilfe im Alltag absichert. Damit die Pflege in vertrauter Umgebung gelingt, setzt der Gesetzgeber klare Voraussetzungen: ein anerkannter Pflegegrad, tatsächliche häusliche Pflege und regelmäßige Beratung zur Qualitätssicherung. Wer diese Bedingungen erfüllt, kann Pflegegeld beantragen und mit anderen Budgets sinnvoll kombinieren.
Dieser Leitfaden erklärt kompakt und verlässlich, wer Pflegegeld erhält, welche Nachweise erforderlich sind, wie Beratungsbesuche funktionieren und wie Sie Pflegegeld mit Sachleistungen, Unterstützungsangeboten im Alltag oder teilstationären Leistungen kombinieren. Sie erfahren außerdem, worauf die Pflegekasse bei der Prüfung achtet, wie Sie Dokumente vorbereiten, was bei Grenzfällen hilft und wie Sie typische Fehler vermeiden. So sichern Sie Ihren Anspruch, nutzen Gestaltungsspielräume und behalten Fristen und Pflichten im Blick.
Wer erhält Pflegegeld?
Pflegegeld wird gewährt, wenn häusliche Pflege überwiegend durch nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen (z. B. Angehörige, Nachbarinnen/Nachbarn, Ehrenamtliche) erbracht wird. Die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad, der im Begutachtungsverfahren festgestellt wurde. Pflegegeld ist zweckgebunden: Es soll pflegebedingte Aufwendungen und den Einsatz der Pflegepersonen im häuslichen Umfeld unterstützen. Die Pflegekasse zahlt auf Antrag monatlich; Anspruch besteht ab dem Tag des Antragseingangs, wenn die Voraussetzungen vorliegen.
Pflegegrad ab Stufe 2 (Abgrenzung zu Pflegegrad 1)
Pflegegeld gibt es ab Pflegegrad 2. Wer Pflegegrad 1 hat, erhält kein Pflegegeld, kann aber den Entlastungsbetrag (in der Regel 131 € monatlich) für anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag nutzen. Die Abgrenzung ist wichtig, weil sie häufige Missverständnisse vermeidet: Pflegegrad 1 ist als Einstieg für leichte Beeinträchtigungen gedacht; Pflegegeld setzt hingegen einen regelmäßigen, erheblichen Hilfebedarf voraus, der in den Modulen des Begutachtungsinstruments dokumentiert wurde.
Häusliche Pflege durch Angehörige/Ehrenamtliche
Voraussetzung ist, dass die Pflege im privaten Wohnumfeld stattfindet und die Hauptpflege durch Privatpersonen erfolgt. Ambulante Pflegedienste können ergänzend eingebunden werden, ohne den Pflegegeldanspruch per se auszuschließen. Entscheidend ist, dass die selbst beschaffte Pflege prägend bleibt (z. B. Grundpflege, Unterstützung bei Alltagsaktivitäten, Beaufsichtigung). Die Pflegekasse prüft, ob die häusliche Versorgung tatsächlich erfolgt und ob die Pflegepersonen geeignet sind (gesundheitlich, zeitlich, fachlich mit Anleitung).
Regelmäßige Beratungseinsätze als Voraussetzung
Wer Pflegegeld bezieht, muss verpflichtende Beratungseinsätze nachweisen. Sie dienen der Qualitätssicherung, Entlastung der Pflegepersonen und Prävention typischer Risiken (z. B. Stürze, Mangelernährung, Medikamentenfehler). Der Turnus richtet sich nach dem Pflegegrad: Pflegegrad 2–3 mindestens einmal halbjährlich, Pflegegrad 4–5 mindestens einmal vierteljährlich. Die Einsätze erfolgen durch zugelassene Dienste oder Pflegeberaterinnen/Pflegeberater und werden gegenüber der Pflegekasse bestätigt. Ohne Nachweis drohen Kürzung oder Ruhen des Pflegegeldes.
Nachweise und Dokumentation
Eine gute Dokumentation macht Ihren Anspruch nachvollziehbar und prüfbar. Sie ergänzt die rechtliche Grundlage (Pflegegradbescheid) um lebensnahe Belege und erleichtert sowohl die Erstantragstellung als auch spätere Überprüfungen (z. B. Beratungseinsätze, Höherstufung, Widerspruch).
Bescheid mit Pflegegrad
Zentral ist der Bescheid der Pflegekasse mit ausgewiesenem Pflegegrad und Bewilligungszeitraum. Prüfen Sie die Angaben sorgfältig: Name, Adresse, Versicherungsnummer, Pflegegrad, Beginn der Leistung (regelmäßig ab Antragseingang) und Hinweise zu Beratungspflichten. Fordern Sie das Gutachten des Medizinischen Dienstes (bei Privatversicherten das MEDICPROOF-Gutachten) an, sofern es dem Bescheid nicht beiliegt. Stimmen Sie die Modulpunkte und die Begründung mit dem tatsächlichen Pflegealltag ab; Abweichungen sind später für Höherstufungen oder Widersprüche relevant.
Pflegetagebuch und Aufzeichnungen
Ein Pflegetagebuch ist der wichtigste Praxisnachweis. Halten Sie für mindestens zwei bis vier Wochen fest: Was wird unterstützt (Körperpflege, An-/Auskleiden, Essen/Trinken, Toilettengang, Mobilität, Transfers, Lagerung, Betreuungsbedarf), wie oft, wie lange und warum (z. B. Schmerzen, Schwindel, Verwirrtheit). Vergessen Sie Nächte nicht: Häufige Toilettengänge, Umlagerungen, Unruhe, Weglauftendenzen oder Überwachungsbedarf beeinflussen den Pflegegrad und die Planung der Versorgung. Notieren Sie auch Hilfsmittelgebrauch (Pflegebett, Duschstuhl, Aufrichthilfe) und besondere Ereignisse (Stürze, Wunden, Infekte).
Ärztliche Unterlagen und Medikamentenplan
Sammeln Sie Arzt- und Entlassbriefe, Therapie- und Rehuberichte, Wunddokumentationen, Sturzprotokolle und den aktuellen Medikationsplan (mit Dosierungen und Einnahmezeiten). Diese Unterlagen zeigen den medizinischen Hintergrund der Pflegebedürftigkeit und die therapiebedingten Anforderungen im Alltag (z. B. Insulintherapie, Verbände, Stoma/Katheter, Infektionsprophylaxe). Achten Sie auf Aktualität und Bezug zur Pflege: Nicht die Diagnose allein begründet den Anspruch, sondern die erforderlichen Maßnahmen und die Einschränkung der Selbstständigkeit.
Pflegegeld und Kombinationsleistungen
Pflegegeld steht nicht isoliert, sondern lässt sich mit Sachleistungen, Unterstützungsangeboten im Alltag und teilstationären Leistungen kombinieren. Wer die Regeln der Anrechnung kennt, kann Versorgung flexibel gestalten und Budget verluste vermeiden.
Kombination mit Pflegesachleistung
Wer neben der selbst beschafften Pflege einen ambulanten Pflegedienst einbindet, kann die sogenannte Kombinationsleistung nutzen. Dabei wird das Pflegegeld anteilig gezahlt – und zwar in Höhe des ungenutzten Anteils am Sachleistungsbudget. Beispiel: Wird das monatliche Sachleistungsbudget zu 60 % ausgeschöpft, erhalten Sie 40 % des Pflegegeldes. Diese Logik gilt monatlich neu; Änderungen im Einsatz des Pflegedienstes wirken sich proportional auf das auszahlbare Pflegegeld aus. Sinnvoll ist eine monatsweise Planung (z. B. Urlaubszeiten des Pflegedienstes oder erhöhte familiäre Pflegekapazitäten).
Umwandlungsanspruch in Unterstützungsangebote
Bleiben Sachleistungen ungenutzt, können bis zu 40 % davon – zusätzlich zum Entlastungsbetrag – in anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag umgewandelt werden (z. B. stundenweise Betreuung, haushaltsnahe Hilfen). Das erhöht die Flexibilität: Während der ambulante Dienst vor allem körperbezogene Pflege abdeckt, können Alltagsbegleiterinnen/Alltagsbegleiter soziale Teilhabe, Begleitung und Haushalt übernehmen. Wichtig ist die Anerkennung der Anbieter nach Landesrecht und die vorherige Abstimmung mit der Pflegekasse.
Anrechnung bei teilstationärer Pflege
Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Leistungen) sind eigenständige Budgets und können zusätzlich zu Pflegegeld und Sachleistungen genutzt werden. Das Pflegegeld wird durch die Inanspruchnahme teilstationärer Angebote grundsätzlich nicht gekürzt. Das eröffnet Entlastung insbesondere bei demenzbedingtem Betreuungsbedarf oder hohem Nachtaufwand. Beachten Sie: Bei vollstationärer Pflege in einer Pflegeeinrichtung entfällt das Pflegegeld, da die Leistung dann über die Einrichtung finanziert wird.
Beratungspflicht nach § 37 Abs. 3 SGB XI
Die verpflichtenden Beratungseinsätze sichern Qualität und Sicherheit der häuslichen Pflege, verhindern Überlastung und helfen, Leistungen optimal zu kombinieren. Sie sind Anspruchsvoraussetzung für den weiteren Bezug von Pflegegeld.
Turnus und Inhalte der Beratung
Für Pflegegrad 2–3 ist der Beratungseinsatz halbjährlich, für Pflegegrad 4–5 vierteljährlich vorgeschrieben. Inhalte sind u. a.: Risikocheck (Sturz, Dekubitus, Dehydratation), Pflegeplanung (Körperpflege, Mobilität, Ernährung), Unterstützung bei Medikamenten-/Wundmanagement, Hilfsmittelberatung, Entlastungsangebote (z. B. Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tagespflege, Entlastungsbetrag) sowie Hinweise zur Doku und Antragstellung (Höherstufung, Hilfsmittel, Wohnumfeld). Der Beratungseinsatz erfolgt in der Regel zu Hause; Videoformate sind möglich, wenn der Alltag realistisch abbildbar ist.
Nachweis gegenüber der Pflegekasse
Der durchführende Dienst oder die Pflegeberatung erstellt eine Bescheinigung mit Datum, Dauer, Inhalten und Empfehlungen. Diese wird an die Pflegekasse übermittelt (direkt oder durch Sie). Heben Sie eine Kopie auf, damit Sie Termine und Inhalte nachweisen können. Gerade bei Grenzfällen (z. B. knapp über Schwellenwerten im Begutachtungsverfahren) sind konkrete Empfehlungen wertvoll, etwa zu Hilfsmitteln, Schulung oder Anpassungen in der Pflegepraxis.
Folgen bei versäumten Einsätzen
Werden Beratungseinsätze nicht fristgerecht nachgewiesen, kann die Pflegekasse das Pflegegeld kürzen oder ruhen lassen. Wiederholtes Versäumen gefährdet den Anspruch. Handeln Sie proaktiv: Vereinbaren Sie Termine frühzeitig, informieren Sie bei Urlaub/Erkrankung und lassen Sie sich Ersatztermine bestätigen. Bei längerer Abwesenheit (z. B. Reha) erläutern Sie kurz die Situation und holen den Einsatz zeitnah nach.
FAQ – Pflegegeld-Voraussetzungen
Ab welchem Pflegegrad gibt es Pflegegeld?
Ab Pflegegrad 2. Bei Pflegegrad 1 besteht kein Pflegegeldanspruch; hier steht vor allem der Entlastungsbetrag zur Verfügung.
Wer darf die häusliche Pflege übernehmen?
Angehörige, Freunde, Nachbarinnen/Nachbarn oder Ehrenamtliche – also nicht erwerbsmäßig Pflegende. Ambulante Dienste können ergänzen, ohne den Anspruch grundsätzlich auszuschließen.
Ab wann wirkt das Pflegegeld?
Ab dem Tag des Antragseingangs bei der Pflegekasse, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Stellen Sie den Antrag daher frühzeitig.
Muss ich Beratungseinsätze nachweisen?
Ja. Pflegegrad 2–3: mindestens halbjährlich; Pflegegrad 4–5: vierteljährlich. Ohne Nachweis drohen Kürzung oder Ruhen des Pflegegeldes.
Was zählt als häusliche Pflege?
Pflege im privaten Wohnumfeld mit überwiegender Versorgung durch Privatpersonen. Dazu gehören Grundpflege, Mobilität, Alltagsbegleitung, Beaufsichtigung – je nach Bedarf auch nächtliche Hilfe.
Kann ich Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinieren?
Ja, über die Kombinationsleistung. Das Pflegegeld wird anteilig gezahlt – in Höhe des nicht genutzten Sachleistungsanteils.
Was bedeutet Umwandlungsanspruch?
Bis zu 40 % ungenutzter Sachleistungen können in anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag umgewandelt werden – zusätzlich zum Entlastungsbetrag.
Wird Pflegegeld bei Tagespflege gekürzt?
Nein. Tages-/Nachtpflege sind zusätzliche Budgets und mindern das Pflegegeld nicht. Bei vollstationärer Pflege entfällt das Pflegegeld.
Welche Nachweise braucht die Pflegekasse?
Pflegegradbescheid, Pflegetagebuch (empfohlen), ärztliche Unterlagen/Medikationsplan, Nachweise der Beratungseinsätze und – bei Kombination – Abrechnungen des Pflegedienstes/der anerkannten Angebote.
Wie dokumentiere ich am besten?
Führen Sie ein Pflegetagebuch (Tag/Nacht, Häufigkeit/Dauer, Gründe, Hilfsmittel). Bewahren Sie Arztbriefe, Therapieberichte, Wund-/Sturzprotokolle und den Medikationsplan auf.
Was tun bei zu niedrigem Pflegegrad?
Fordern Sie das Gutachten an, gleichen Sie Alltag und Bewertung Modul für Modul ab und legen Sie Widerspruch ein. Bei Verschlechterung: Höherstufungsantrag stellen.
Kann Pflegegeld während eines Krankenhausaufenthalts weiterlaufen?
Informieren Sie die Pflegekasse über stationäre Aufenthalte. Für kurze Zeiträume bleibt die häusliche Organisation oft bestehen; klären Sie im Einzelfall, ob und wie sich der Aufenthalt auf die Auszahlung auswirkt.
Dürfen Pflegepersonen für Pflegegeld bezahlt werden?
Pflegegeld ist zweckgebunden und soll den Einsatz der Pflegepersonen unterstützen. Es ist keine Lohnzahlung im arbeitsrechtlichen Sinn, kann aber Aufwendungen der Pflegepersonen abfedern.
Wer führt die Beratungseinsätze durch?
Zugelassene ambulante Pflegedienste, Pflegeberaterinnen/Pflegeberater oder Pflegestützpunkte. Wichtig ist der Nachweis gegenüber der Pflegekasse.
Was, wenn ich einen Beratungstermin verpasse?
Sofort neuen Termin vereinbaren und der Kasse mitteilen. Wiederholtes Versäumen kann zur Kürzung/Ruhen des Pflegegeldes führen.
Wie oft kann ich die Kombination aus Pflegegeld und Sachleistung ändern?
Monatlich. Planen Sie Einsätze und melden Sie Änderungen frühzeitig, damit die anteilige Auszahlung korrekt erfolgt.
Kann ich Pflegegeld für haushaltsnahe Hilfe nutzen?
Ja, sofern die Hilfe Teil der häuslichen Pflege ist. Für anerkannte Alltags- und Betreuungsangebote nutzen Sie zusätzlich Entlastungsbetrag und ggf. den Umwandlungsanspruch.
Welche Rolle spielt der Entlastungsbetrag neben Pflegegeld?
Er finanziert anerkannte Entlastungsangebote (z. B. Alltagsbegleitung, Gruppenangebote) zusätzlich zum Pflegegeld und wird separat bei der Pflegekasse abgerechnet.
Was brauche ich für den Erstantrag?
Formloser Antrag bei der Pflegekasse (Datum sichern), danach Unterlagen nachreichen: Arzt-/Therapieberichte, Pflegetagebuch, Medikationsplan. Der Anspruch läuft ab Antragseingang, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Gibt es Schulungen für Angehörige?
Ja. Pflegekurse und individuelle Schulungen (auch zu Hause) helfen, Pflege sicherer zu gestalten. Fragen Sie bei Pflegestützpunkt oder Ihrer Pflegekasse nach Angeboten.
Was ändert sich bei Umzug oder Kassenwechsel?
Informieren Sie die neue Pflegekasse frühzeitig. Bewilligungen werden in der Regel übernommen; Beratungstermine und Abrechnungswege stimmen Sie neu ab.
Fazit
Pflegegeld stärkt die häusliche Versorgung – wenn die Voraussetzungen sauber erfüllt und nachgewiesen werden. Entscheidend sind drei Bausteine: Pflegegrad ab Stufe 2, tatsächliche häusliche Pflege durch Privatpersonen und regelmäßige Beratungseinsätze im vorgeschriebenen Turnus. Mit Pflegetagebuch, medizinischen Unterlagen und klaren Absprachen mit der Pflegekasse sichern Sie Ihren Anspruch und vermeiden Kürzungen.
Nutzen Sie die Kombinationsmöglichkeiten: Pflegegeld mit Sachleistungen (anteilig über die Kombinationsleistung), zusätzlich Entlastungsbetrag und – bei ungenutzten Budgets – den Umwandlungsanspruch in Unterstützungsangebote im Alltag. Planen Sie monatlich, damit Budgets nicht verfallen, und dokumentieren Sie Beratungseinsätze verlässlich. Wenn die Einstufung nicht passt oder sich der Zustand ändert, handeln Sie proaktiv: Widerspruch bzw. Höherstufung und erneute Begutachtung. So stellen Sie sicher, dass Pflegegeld wirksam, rechtssicher und bedarfsgerecht wirkt – zugunsten der pflegebedürftigen Person und entlastend für jene, die täglich Verantwortung übernehmen.


