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Kündigungsschutz für Pflegende: Ihre Rechte, Fristen & Vorgehen

Wenn Sie kurzfristig Pflege organisieren müssen oder über mehrere Monate Angehörige unterstützen, genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser Schutz gilt ab Ihrer wirksamen Ankündigung – bei längeren Freistellungen jedoch frühestens 12 Wochen vor dem geplanten Beginn – und endet erst mit Ablauf der jeweiligen Freistellung. Entscheidend ist, dass Sie frist- und formgerecht anzeigen, wer gepflegt wird, welche Freistellung Sie in Anspruch nehmen und für welchen Zeitraum. Dieser Leitfaden erklärt Ihnen präzise, wann der Schutz greift, welche Nachweise Sie brauchen und wie Sie ihn aktiv nutzen.

Kommt es trotz Schutz zu einer Kündigung oder Abmahnung, sollten Sie sofort handeln. Die Frist für die Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen ab Zugang. Parallel lohnt sich die Einbindung von Betriebsrat oder Personalrat sowie die Sicherung aller Nachweise. Sie erfahren hier, welche Schritte in welcher Reihenfolge sinnvoll sind, wie Sie interne Konfliktlösungen nutzen und welche Alternativen – etwa Versetzung, Teilzeit oder eine andere Verteilung der Arbeitszeit – in der Praxis häufig den Weg zu einer tragfähigen Lösung ebnen.

Wann gilt besonderer Kündigungsschutz?

Der besondere Kündigungsschutz für Pflegende knüpft an die Inanspruchnahme gesetzlicher Freistellungen an. Er gilt in drei Konstellationen: der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bis zu 10 Arbeitstagen, der Pflegezeit bis zu 6 Monaten und der Familienpflegezeit bis zu 24 Monaten. Vom Zeitpunkt Ihrer Ankündigung bis zum Ende der Freistellung darf der Arbeitgeber grundsätzlich nicht kündigen. Bei längerfristigen Freistellungen startet der Schutz jedoch frühestens 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn. Eine Kündigung ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen mit vorheriger behördlicher Zustimmung möglich. Der Schutz gilt unabhängig davon, ob der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG greift; maßgeblich ist die wirksame Inanspruchnahme der jeweiligen Freistellung.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (bis 10 Tage)

Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ermöglicht Ihnen, bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, um eine akute Pflegesituation zu organisieren oder die notwendige Pflege eines nahen Angehörigen sicherzustellen. Der Anspruch besteht unabhängig von der Größe des Betriebs. Sie müssen die Verhinderung unverzüglich mitteilen und auf Verlangen des Arbeitgebers die akute Pflegesituation sowie die Erforderlichkeit Ihrer Abwesenheit nachweisen, etwa durch eine ärztliche Bescheinigung oder eine Bescheinigung der Pflegekasse/Medizinischen Dienste.

Der besondere Kündigungsschutz greift ab dem Zeitpunkt Ihrer Mitteilung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung und gilt bis zu deren Ende. Eine behördlich genehmigte Kündigung bleibt theoretisch möglich, ist in der Praxis aber nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen denkbar. Beachten Sie, dass die 10 Tage arbeitsrechtlich unbezahlte Freistellung bedeuten. Zur finanziellen Absicherung kommt das Pflegeunterstützungsgeld in Betracht, das Sie bei der Pflegekasse des Angehörigen beantragen können. Für den Kündigungsschutz ist diese Leistung zwar unerheblich, sie verschafft Ihnen jedoch Handlungsspielraum, die Pflege kurzfristig zu organisieren.

Wichtig für die Praxis: Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ist zweckgebunden. Sobald feststeht, dass keine akute Pflegesituation vorliegt, endet der Anspruch. Dokumentieren Sie Beginn, Ende und Inhalt Ihrer Kommunikation mit dem Arbeitgeber, damit der Zeitraum des Kündigungsschutzes eindeutig belegbar ist. Bei Schichtarbeit oder versetzter Arbeitszeit empfiehlt sich die klare Datums- und Uhrzeitangabe, ab wann Sie verhindert sind.

Pflegezeit (bis 6 Monate) – Anzeige und Fristen

Die Pflegezeit ermöglicht eine vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit für bis zu sechs Monate, um einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen. Voraussetzung ist, dass Ihr Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Beschäftigte hat. Die Pflegebedürftigkeit muss vorliegen; die Pflege findet üblicherweise zu Hause statt. Sie müssen die Pflegezeit spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn schriftlich ankündigen und dabei Beginn, Dauer sowie bei teilweiser Freistellung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

Der besondere Kündigungsschutz gilt vom Zeitpunkt der Ankündigung – jedoch frühestens 12 Wochen vor Beginn der Pflegezeit – bis zu deren Ende. Kündigungen in diesem Zeitraum sind unzulässig, es sei denn, die zuständige Landesbehörde stimmt im Ausnahmefall zu. Unabhängig vom Sonderkündigungsschutz gelten die allgemeinen Regeln des Kündigungsschutzrechts fort, etwa die Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG, sofern ein Betriebsrat besteht.

Planen Sie die Pflegezeit frühzeitig und stimmen Sie die Arbeitszeitverteilung realistisch ab. Bei teilweiser Freistellung sollten Sie die wöchentliche Stundenanzahl, die Lage der Arbeitszeit und Vertretungsfragen präzise beschreiben. Notieren Sie, falls Sie die Pflegezeit mit einer anschließenden Familienpflegezeit kombinieren möchten. Die Gesamtplanung erleichtert innerbetriebliche Lösungen und macht den Zeitraum des Kündigungsschutzes von vornherein transparent.

Familienpflegezeit (bis 24 Monate) – Vereinbarungserfordernis

Die Familienpflegezeit eröffnet die Möglichkeit, die Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum zu reduzieren, um die Pflege naher Angehöriger zu gewährleisten. Sie kann bis zu 24 Monate dauern und setzt eine durchschnittliche Mindestarbeitszeit von regelmäßig 15 Wochenstunden voraus. Der Anspruch besteht in der Regel erst in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten. Anders als die Pflegezeit erfordert die Familienpflegezeit eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über Beginn, Dauer und Umfang der Arbeitszeit sowie deren Verteilung.

Die Ankündigungsfrist ist länger: Sie müssen die Familienpflegezeit rechtzeitig – praxisüblich mindestens 8 Wochen vor Beginn – ankündigen und inhaltlich konkretisieren. Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit der Ankündigung, allerdings frühestens 12 Wochen vor dem vereinbarten Start, und endet mit Ablauf der Familienpflegezeit. In der betrieblichen Umsetzung bewährt es sich, die geplanten Stundenkorridore, Vertretungen und Erreichbarkeiten strukturiert festzuhalten. Das reduziert Reibungsverluste und verhindert Streit über die Wirksamkeit der Inanspruchnahme – und damit über das Bestehen des Kündigungsschutzes.

Wird eine Familienpflegezeit inhouse organisatorisch schwierig, kommen Alternativen in Betracht, etwa eine befristete Versetzung, Gleitzeitkorridore, mobile Arbeit oder ein Stufenmodell mit schrittweiser Reduktion und anschließender Wiederaufstockung. Halten Sie jede Lösung schriftlich fest. Bei Änderungen innerhalb der laufenden Familienpflegezeit sind erneut Fristen zu beachten; stimmen Sie Anpassungen frühzeitig ab und dokumentieren Sie diese eindeutig.

Fristen & Nachweise

Klarheit über Fristen und Nachweise ist der Schlüssel, damit der besondere Kündigungsschutz ohne Lücken greift. Maßgeblich ist immer der Zeitpunkt Ihrer wirksamen Ankündigung. Bei längerfristigen Freistellungen beginnt der Schutz zwar mit der Ankündigung, jedoch nicht früher als 12 Wochen vor dem geplanten Beginn. Wer viel früher ankündigt, gewinnt Planungssicherheit, aber keinen „früheren“ Kündigungsschutz. Wichtig ist auch, die richtige Nachweisart zu wählen: Für akute Situationen genügt regelmäßig eine ärztliche Bescheinigung; für längerfristige Freistellungen brauchen Sie einen Nachweis der Pflegebedürftigkeit. Dokumentieren Sie lückenlos, was Sie wann übermittelt haben.

Ankündigung (max. 12 Wochen vorher) und Beginn der Schutzfrist

Für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung teilen Sie Ihrem Arbeitgeber die Verhinderung unverzüglich mit. Der Kündigungsschutz greift sofort und endet mit Ablauf der kurzzeitigen Freistellung.

Für die Pflegezeit kündigen Sie spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn schriftlich an. Maßgeblich ist der Zugang beim Arbeitgeber. Der Kündigungsschutz beginnt mit Ihrer Ankündigung, aber frühestens 12 Wochen vor Start. Ein Beispiel: Beginnt Ihre Pflegezeit am 1. Dezember, und Sie kündigen sie bereits am 1. Juli an, greift der Schutz nicht schon ab Juli, sondern ab 6. September (12 Wochen vor dem 1. Dezember). Kündigen Sie erst am 20. November, beginnt der Schutz ab Zugang am 20. November.

Für die Familienpflegezeit gelten längere Vorläufe. Sie kündigen rechtzeitig und inhaltlich konkret an, in der Praxis mindestens 8 Wochen vorher. Auch hier startet der Schutz mit der Ankündigung, jedoch frühestens 12 Wochen vor Beginn. Für alle Varianten gilt: Die Schutzfrist endet mit Ablauf der jeweiligen Freistellung. Eine Verlängerung der Freistellung verlängert auch den Schutz, sofern sie ordnungsgemäß angekündigt bzw. vereinbart wird.

Nachweise: Pflegebedürftigkeit/akute Situation

Für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung benötigen Sie in der Regel eine ärztliche Bescheinigung über die akute Pflegesituation und Ihre erforderliche Anwesenheit, alternativ eine Bescheinigung der Pflegekasse bzw. des Medizinischen Dienstes. Bei Begleitung in der letzten Lebensphase genügt ein ärztliches Attest, das die Notwendigkeit der Begleitung bestätigt.

Für Pflegezeit und Familienpflegezeit ist die Pflegebedürftigkeit nachzuweisen, typischerweise durch eine Bescheinigung der Pflegekasse über den Pflegegrad des nahen Angehörigen. Ist der Pflegegrad noch nicht festgestellt, legen Sie die Antragsbestätigung vor und reichen den Nachweis nach. In besonderen Konstellationen (z. B. Palliativsituationen) kann ein ärztliches Attest die Dringlichkeit belegen. Achten Sie darauf, dass die Bescheinigung die Person des Angehörigen, den Pflegegrund und – soweit möglich – den voraussichtlichen Zeitraum erkennen lässt.

Behalten Sie Kopien aller Nachweise und senden Sie dem Arbeitgeber Unterlagen nur in dem Umfang, der für die Anspruchsprüfung nötig ist. Gesundheitsdaten sind sensibel. Sie dürfen Informationen schwärzen, die für den Anspruch unerheblich sind.

Dokumentation der Kommunikation

Der Kündigungsschutz steht und fällt mit der wirksamen Inanspruchnahme Ihrer Rechte. Deshalb sollten Sie Ihre Ankündigung immer schriftlich (per E-Mail mit Lesebestätigung oder per Einwurf-Einschreiben) vornehmen und folgende Punkte festhalten:

  • Rechtsgrundlage (kurzzeitige Arbeitsverhinderung, Pflegezeit oder Familienpflegezeit).
  • Zu pflegende Person und Verwandtschaftsverhältnis (naher Angehöriger).
  • Beginn und Ende der Freistellung; bei Teilfreistellung: Wochenstunden und Verteilung.
  • Hinweis auf beigefügte Nachweise bzw. deren Nachreichung.
  • Bitte um schriftliche Eingangsbestätigung bis zu einem konkreten Datum.

Führen Sie zudem ein eigenes Protokoll: Datum/Uhrzeit der Mitteilungen, Gesprächsnotizen, Empfangsbestätigungen. So können Sie im Streitfall exakt belegen, ab wann der Kündigungsschutz lief. Verknüpfen Sie Ihre Unterlagen mit Ihrem Kalender, damit Fristen – insbesondere die 3-Wochen-Klagefrist bei Zugang einer Kündigung – sicher im Blick bleiben.

Vorgehen bei Kündigung/Abmahnung

Trotz Sonderkündigungsschutz kann es zu Konflikten kommen. Dann zählt Geschwindigkeit. Prüfen Sie den Zugangstag des Schreibens, sammeln Sie Nachweise und holen Sie interne Unterstützung. Die arbeitsgerichtliche Klagefrist beträgt nur drei Wochen ab Zugang. Verpassen Sie diese Frist, gilt eine Kündigung in der Regel als wirksam, selbst wenn sie gegen den Sonderkündigungsschutz verstößt. Zusätzlich sollten Sie die Beteiligung des Betriebsrats/Personalrats überprüfen und mit der Arbeitgeberseite lösungsorientierte Alternativen besprechen.

Sofort handeln: Frist zur Kündigungsschutzklage

Notieren Sie den Tag, an dem Ihnen die Kündigung zugegangen ist, und zählen Sie die drei Wochen exakt. Stellen Sie in dieser Frist beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. In der Klage sollten Sie sowohl die Verletzung des Sonderkündigungsschutzes (Kündigungsverbot während der Freistellung) als auch – soweit anwendbar – die allgemeinen Kündigungsschutzvoraussetzungen (soziale Rechtfertigung, ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats, formelle Anforderungen) rügen.

Wichtig: Auch wenn Sie meinen, dass die Kündigung wegen des Sonderkündigungsschutzes „offensichtlich“ unwirksam ist, darf die Klagefrist nicht verstreichen. Zudem kann der Arbeitgeber in Ausnahmefällen eine behördliche Zustimmung zur Kündigung erwirkt haben. Lassen Sie daher unverzüglich prüfen, ob eine solche Zustimmung existiert und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde. Bei befristeten Verträgen gilt: Das Auslaufen der Befristung ist keine Kündigung; der Sonderkündigungsschutz hindert das Vertragsende nicht. Gleiches gilt für Aufhebungsverträge – unterschreiben Sie nichts ohne rechtliche Prüfung.

Betriebsrat/Personalrat und Rechtsberatung einbinden

Besteht ein Betriebsrat, ist dieser vor jeder Kündigung anzuhören. Informieren Sie ihn sofort und legen Sie Ihre Ankündigungs- und Nachweisdokumente vor. Der Betriebsrat kann gegenüber dem Arbeitgeber Stellung nehmen und auf die Unzulässigkeit der Kündigung hinweisen. Im öffentlichen Dienst übernimmt der Personalrat diese Rolle. Parallel sollten Sie frühzeitig Rechtsrat einholen. Arbeitsrechtliche Beratungsstellen, Gewerkschaften oder Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte für Arbeitsrecht unterstützen bei der Klageerhebung und der Beweissicherung.

Klären Sie gemeinsam, ob Eilrechtsschutz nötig ist, etwa um eine Weiterbeschäftigung bis zur Entscheidung zu sichern. Prüfen Sie zudem, ob es sinnvoll ist, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, wenn besonders schutzbedürftige Situationen vorliegen. In Verhandlungen kann die klare Rechtslage – bestehender Sonderkündigungsschutz, fehlende Zustimmung der Behörde – eine rasche gütliche Einigung ermöglichen.

Einigungsstelle/Schlichtung, Alternativen (Versetzung/Teilzeit)

Nicht jeder Konflikt muss vor Gericht enden. Viele Betriebe verfügen über interne Schlichtungsmechanismen oder nutzen die Einigungsstelle, insbesondere wenn es um die Ausgestaltung von Arbeitszeitmodellen, Schichtplänen oder Versetzungen geht. Fragen Sie Ihren Betriebsrat, ob eine Einigungsstelle angerufen werden kann. Auch externe Mediationen sind denkbar, um praktikable Lösungen zu erarbeiten, ohne den Kern Ihres Anspruchs – die Pflege zu ermöglichen – zu gefährden.

Als Alternativen kommen in Betracht:

  • Anpassung der Lage der Arbeitszeit innerhalb der Familienpflegezeit.
  • Befristete Versetzung an einen anderen Arbeitsort mit geringerer Präsenzpflicht.
  • Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zusätzlich oder statt Familienpflegezeit.
  • Mobile Arbeit/Homeoffice, soweit betrieblich vertretbar.
  • Stufenmodell: Zunächst Pflegezeit (Vollfreistellung) und im Anschluss Familienpflegezeit.

Halten Sie jede Einigung schriftlich fest. Prüfen Sie, ob die Anpassung Auswirkungen auf Fristen oder den Beginn/Ende des Sonderkündigungsschutzes hat. Wird etwa der Beginn der Familienpflegezeit verschoben, verlagert sich auch die 12-Wochen-Schutzschwelle.

FAQ – Kündigungsschutz für Pflegende

Die folgenden Antworten geben Ihnen eine schnelle Orientierung zu den häufigsten Praxisfragen rund um Kündigung, Fristen und Nachweise.

Gilt der besondere Kündigungsschutz auch im Kleinbetrieb?

Ja. Der Sonderkündigungsschutz knüpft an die wirksame Inanspruchnahme der Freistellung an, nicht an die Betriebsgröße. Allerdings bestehen die Ansprüche auf Pflegezeit (bis 6 Monate) erst ab mehr als 15 Beschäftigten und auf Familienpflegezeit erst ab mehr als 25 Beschäftigten. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung gilt unabhängig von der Größe.

Ab wann genau beginnt der Kündigungsschutz?

Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung sofort ab Ihrer Mitteilung. Bei Pflegezeit und Familienpflegezeit ab Ihrer Ankündigung, jedoch frühestens 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn. Wer früher ankündigt, gewinnt keine „frühere“ Schutzwirkung.

Welche Angehörigen gelten als „nahe Angehörige“?

Dazu zählen insbesondere Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Lebensgefährten in eheähnlicher Gemeinschaft, Eltern, Schwiegereltern, Großeltern, Kinder, Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder, Enkelkinder, Geschwister sowie Schwiegerkinder. Im Zweifel legen Sie das Verwandtschaftsverhältnis kurz dar.

Brauche ich für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung einen Pflegegrad?

Nein. Es genügt eine akute Pflegesituation, die Ihre Anwesenheit erfordert. Weisen Sie dies durch eine ärztliche Bescheinigung oder eine Bescheinigung der Pflegekasse/MD nach. Ein Pflegegrad ist für die 10 Tage nicht zwingend.

Kann während der Schutzfrist überhaupt gekündigt werden?

Nur in Ausnahmefällen und nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Landesbehörde. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung regelmäßig unwirksam. Zusätzlich müssen die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen erfüllt sein.

Was mache ich, wenn die Kündigung trotzdem im Briefkasten liegt?

Notieren Sie den Zugangstag und erheben Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Parallel informieren Sie Betriebsrat/Personalrat und sichern Ihre Nachweise. Verpassen Sie die Frist, droht die Wirksamkeitsfiktion.

Endet ein befristeter Vertrag trotz Sonderkündigungsschutz?

Ja. Der Ablauf einer Befristung ist keine Kündigung und wird vom Sonderkündigungsschutz nicht verhindert. Prüfen Sie dennoch, ob die Befristung wirksam vereinbart wurde und ob eine Verlängerung oder Folgelösung möglich ist.

Gilt der Schutz auch in der Probezeit?

Ja. Der Sonderkündigungsschutz gilt unabhängig von der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit. Der Arbeitgeber kann auch in der Probezeit grundsätzlich nicht kündigen, sofern die Schutzfrist läuft – es sei denn, eine behördliche Zustimmung liegt vor.

Wie beweise ich, dass meine Ankündigung zugegangen ist?

Senden Sie Ihre Anzeige schriftlich, idealerweise per E-Mail mit Lesebestätigung oder per Einwurf-Einschreiben. Bitten Sie um kurze Eingangsbestätigung. Heben Sie den Versand- und Eingangsbeleg auf.

Kann ich Pflegezeit und Familienpflegezeit kombinieren?

Ja. Eine Kombination ist möglich und in der Praxis verbreitet. Achten Sie auf die verschiedenen Fristen (Pflegezeit: 10 Arbeitstage; Familienpflegezeit: längerer Vorlauf) und darauf, dass die Gesamtdauer der Freistellungen sinnvoll geplant ist. Der Kündigungsschutz passt sich den jeweiligen Zeiträumen an.

Was, wenn der Arbeitgeber die Familienpflegezeit nicht vereinbaren will?

Der Anspruch setzt eine Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit voraus. Suchen Sie mit Betriebsrat/Personalrat das Gespräch, schlagen Sie konkrete Modelle vor und prüfen Sie Alternativen (Versetzung, andere Lage der Arbeitszeit, Teilzeit nach TzBfG). Dokumentieren Sie Verhandlungsstände.

Darf ich während der Pflegezeit einer Nebentätigkeit nachgehen?

Eine Nebentätigkeit bleibt grundsätzlich möglich, darf aber weder die Pflege noch berechtigte betriebliche Interessen beeinträchtigen. Prüfen Sie arbeitsvertragliche Nebenabreden (Anzeigepflichten, Genehmigungsvorbehalte) und halten Sie bei Teilfreistellung die vereinbarten Zeiten strikt ein.

Was passiert bei Abmahnungen während der Freistellung?

Widersprechen Sie schriftlich und sachlich, fügen Sie Nachweise bei und beantragen Sie ggf. die Entfernung aus der Personalakte. Holen Sie den Betriebsrat/Personalrat hinzu. Unberechtigte Abmahnungen können später im Kündigungsschutzprozess eine Rolle spielen.

Gibt es eine Arbeitsplatzgarantie nach der Freistellung?

Ja. Nach Ende der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit haben Sie Anspruch auf Rückkehr auf Ihren bisherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Klären Sie rechtzeitig den Wiedereinstieg, damit Schichtpläne und Vertretungen angepasst werden können.

Wie weise ich die Pflegebedürftigkeit nach, wenn der Pflegegrad noch offen ist?

Legen Sie die Antragsbestätigung bei der Pflegekasse vor und reichen Sie die Bestätigung über den Pflegegrad nach. Bei dringenden Situationen genügt zunächst ein ärztliches Attest über die pflegerische Erforderlichkeit; den förmlichen Nachweis liefern Sie nach.

Zählt die kurzzeitige Arbeitsverhinderung auf die 6/24 Monate mit?

Die bis zu 10 Tage der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung sind ein eigener Anspruch und werden grundsätzlich nicht auf die Höchstdauern der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit angerechnet. Sie können also zusätzlich genutzt werden.

Kann der Arbeitgeber mich während der Familienpflegezeit versetzen?

Versetzungen sind nur im Rahmen des Direktionsrechts und unter Beachtung der Vereinbarung zur Familienpflegezeit zulässig. Eine Versetzung, die Ihre Pflegeorganisation vereitelt, ist regelmäßig unzulässig. Suchen Sie bei Bedarf mit dem Betriebsrat eine Anpassungslösung.

Was gilt bei Begleitung in der letzten Lebensphase?

Sie können bis zu drei Monate vollständig oder teilweise freigestellt werden, um einen nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase zu begleiten. Die Ankündigungsfrist ist kurz; ein ärztliches Attest genügt. Der Sonderkündigungsschutz gilt auch hier nach den allgemeinen Grundsätzen.

Wer sind „Beschäftigte“ im Sinne der Gesetze?

Grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich Teilzeit- und geringfügig Beschäftigter. Leitende Angestellte sind ebenfalls erfasst. Für freie Mitarbeitende gelten die Regelungen typischerweise nicht.

Muss der Betriebsrat einer Kündigung zustimmen?

Nein. Der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung angehört werden, hat aber kein Vetorecht. Sein Widerspruch kann im Prozess Gewicht haben. Bei Verstößen gegen die Anhörungspflicht ist die Kündigung unwirksam.

Was, wenn ich den Pflegebedarf nicht mehr stemmen kann?

Suchen Sie frühzeitig das Gespräch und prüfen Sie Alternativen: Erhöhung der Wochenstunden, Wechsel von Pflegezeit zu Familienpflegezeit oder umgekehrt, ambulante Dienste, Tagespflege. Änderungen sind erneut anzuzeigen bzw. zu vereinbaren; der Kündigungsschutz folgt den geänderten Zeiträumen.

Kann der Arbeitgeber Urlaub kürzen?

Während der vollständigen Freistellung ruht die Arbeitspflicht; eine anteilige Kürzung des Urlaubs kann zulässig sein. Bei Teilfreistellung entsteht Urlaub entsprechend der vereinbarten Arbeitszeit. Prüfen Sie Ihre konkreten Regelungen.

Wie verhalte ich mich bei einer „Druckkündigung“ durch Dritte?

Auch bei Drucksituationen gilt der Sonderkündigungsschutz. Der Arbeitgeber hat Schutzmaßnahmen zu ergreifen und darf nicht vorschnell kündigen. Lassen Sie den Einzelfall rechtlich prüfen; oft hilft eine befristete Umsetzung plus klare Kommunikation.

Gilt der Schutz bei Homeoffice genauso?

Ja. Der Ort der Arbeit ist unerheblich. Maßgeblich sind Ankündigung, Fristen und die laufende Freistellung. Dokumentieren Sie Änderungen der Arbeitszeiteinteilung sauber, insbesondere bei Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit.

Welche Rolle spielt das KSchG?

Das KSchG regelt die soziale Rechtfertigung betriebs-, verhaltens- oder personenbedingter Kündigungen und gilt in Betrieben mit regelmäßig mehr als 10 Beschäftigten und nach 6-monatiger Wartezeit. Der Sonderkündigungsschutz bei Pflege ist hiervon unabhängig und zusätzlich. Eine Kündigung muss beide Hürden nehmen: das Kündigungsverbot während der Freistellung und – falls anwendbar – die Anforderungen des KSchG.

Fazit

Rechtzeitig anzeigen, Nachweise beibringen, Schutz aktiv nutzen und rechtlichen Rat einholen – das sind die vier Säulen eines wirksamen Kündigungsschutzes für Pflegende. Melden Sie eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung unverzüglich und halten Sie die 10-Arbeitstage-Frist der Pflegezeit sowie den längeren Vorlauf der Familienpflegezeit ein. Denken Sie daran: Der Sonderkündigungsschutz beginnt zwar mit Ihrer Ankündigung, aber bei längerfristigen Freistellungen nicht früher als 12 Wochen vor deren Start. Dokumentieren Sie jede Kommunikation und bewahren Sie Nachweise sorgfältig auf. Kommt es zu Kündigung oder Abmahnung, handeln Sie sofort: Drei Wochen ab Zugang sind schnell verstrichen. Binden Sie Betriebsrat/Personalrat ein, prüfen Sie Alternativen wie Versetzung oder Teilzeit und suchen Sie – wo möglich – einvernehmliche Lösungen. Mit klarer Planung und konsequenter Fristenkontrolle sichern Sie Ihre Rechte und schaffen Stabilität für die Pflege Ihrer Angehörigen.

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