Ambulant betreute Intensivpflege-Wohngemeinschaften (WG) verbinden ein privates Wohnumfeld mit hochqualifizierter außerklinischer Intensivpflege (AKI). Sie richten sich an Menschen mit dauerhaft hohem medizinisch-pflegerischem Bedarf, z. B. bei invasiver oder nichtinvasiver Beatmung, Trachealkanülen oder anspruchsvoller Überwachung. Im Unterschied zum stationären Heim behalten Sie in der WG Ihren Mietvertrag und damit Selbstbestimmung über Ihr Zimmer, den Tagesablauf und die Auswahl beteiligter Dienstleister – immer im Rahmen eines belastbaren Notfall- und Sicherheitskonzeptes.
Für Angehörige und Beratende ist vor allem wichtig: Die Kosten setzen sich aus unterschiedlichen Bausteinen zusammen, die von verschiedenen Leistungsträgern getragen werden. Üblicherweise werden AKI-Leistungen nach § 37c SGB V (bzw. privatversichert) finanziert, Leistungen der Pflegeversicherung nach SGB XI ergänzen, während Wohnen und Lebenshaltung grundsätzlich privat zu tragen sind. Transparenz entsteht, wenn Wohnen, Betreuung/Service und Pflege sauber getrennt angeboten werden, Preislisten nachvollziehbar sind und Rechte aus Miet-, Betreuungs- und Pflegeverträgen klar geregelt werden. Dieser Ratgeber zeigt, woran Sie Qualität erkennen, wie die Finanzierungsschienen zusammenwirken und welche Unterlagen Sie vor einer Entscheidung prüfen sollten.
Wie funktioniert eine Intensivpflege-WG?
In einer Intensivpflege-WG leben meist zwischen 4 und 12 Mieterinnen und Mieter in einer barrierearmen Wohnung oder einem Haus. Jeder bewohnt ein eigenes Zimmer und nutzt Gemeinschaftsflächen wie Küche oder Wohnzimmer. Ein ambulanter Intensivpflegedienst stellt die 24/7-Anwesenheit von Fachkräften sicher, organisiert Notfallmanagement, Visiten und die Zusammenarbeit mit Ärztinnen/Ärzten sowie Therapeutinnen/Therapeuten. Sie schließen getrennte Verträge: einen Mietvertrag für das Zimmer, einen Betreuungs-/Servicevertrag für hauswirtschaftliche und organisatorische Leistungen und einen Pflegevertrag für AKI- und SGB-XI-Leistungen. Die WG ist damit weder ein Krankenhaus noch ein klassisches Heim, sondern eine ambulante Wohnform mit hoher pflegerischer Kompetenz.
Kleine Einheiten, 24/7-Präsenz, individuelle Zimmer
Kernidee der Intensivpflege-WG ist die Verbindung aus Privatheit und Sicherheit.
- Kleine Einheiten: Überschaubare Gruppengrößen erleichtern Kommunikation, Angehörigenbeteiligung und individuelle Alltagsgestaltung.
- Rund-um-die-Uhr-Präsenz: Qualifizierte Pflegefachpersonen sind kontinuierlich vor Ort. Sie übernehmen Monitoring (z. B. SpO₂, Beatmung), Krisenintervention, Trachealkanülen-Management und die Koordination ärztlicher Anordnungen.
- Eigenes Zimmer: Sie mieten ein privates Zimmer, bringen persönliche Gegenstände mit und bestimmen, wer Zutritt hat. Gemeinschaftsräume fördern soziale Teilhabe, ohne Privatsphäre zu beeinträchtigen.
- Strukturiertes Notfallkonzept: Standardisierte Alarme, klare Eskalationswege, Kooperation mit Ärztinnen/Ärzten, Rettungsdienst und Klinikpartnern sind schriftlich fixiert und regelmäßig trainiert.
- Mitbestimmung: Mieterversammlungen und Angehörigenrunden stimmen Alltagsregeln, Einkaufs- und Hausordnungsfragen ab – unabhängig von Pflegeentscheidungen.
Leistungsanteile: AKI, Grundpflege, Hauswirtschaft
Die in einer WG erbrachten Leistungen gliedern sich in drei Schienen:
- Außerklinische Intensivpflege (AKI) – § 37c SGB V: Ärztlich verordnete und von der Krankenversicherung (oder PKV) genehmigte Leistungen bei sehr hohem Behandlungspflegebedarf, insbesondere Beatmung, Sekretmanagement, Monitoring, komplexes Wund- und Katheter-Management, Krisenintervention, Koordination im interprofessionellen Team.
- Leistungen nach SGB XI (Pflegeversicherung): Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) oder Pflegegeld (§ 37 SGB XI) ergänzen die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität), Entlastung im Alltag und ggf. Angehörigenschulung. Sie werden bedarfs- und pflegegradabhängig eingesetzt – zusätzlich zur AKI, nicht an deren Stelle.
- Hauswirtschaft/Betreuung (Service): Einkäufe, Reinigung, Wäsche, Menüplanung, Begleitung zu Terminen, Organisation von Freizeitaktivitäten. Diese Leistungen werden über einen Betreuungs-/Servicevertrag geregelt und sind nicht Teil der AKI.
Wichtig ist, dass die Anbieter diese Bausteine getrennt ausweisen und abrechnen. So sehen Sie, wofür welche Zahlungen fällig sind und wer (Krankenkasse, Pflegekasse, Privat, ggf. Sozialhilfeträger) typischerweise zuständig ist.
Vergleich: Zuhause vs. Pflegeheim vs. WG
Zuhause bietet maximale Individualität, verlangt aber zuverlässig organisierte 24/7-Versorgung, geeignete Wohnumgebung und belastbare Vertretungskonzepte. Für hochintensive Settings kann das Angehörige organisatorisch und finanziell stark beanspruchen, insbesondere bei Personalengpässen.
Pflegeheim liefert stationäre Strukturen mit zentraler Verantwortung und pauschalierten Eigenanteilen. Für einige Intensivbedarfe existieren spezialisierte Bereiche. Allerdings sind Zimmer- und Alltagsgestaltung häufig stärker standardisiert; Miet- und Pflegeanteile sind vertraglich verbunden.
Intensivpflege-WG vereint die private Wohnform mit ambulanter Hochleistungs-Pflege. Sie behalten mietrechtliche Selbstbestimmung und wählen Dienste grundsätzlich frei. Gleichzeitig profitieren Sie von gemeinschaftlich geteilten Ressourcen (z. B. Notfallausrüstung, Bereitschaften). Der Prüfstein ist Transparenz: Getrennte Verträge, klare Zuständigkeiten, belastbares Notfall- und Hygienekonzept sowie regelmäßige fachärztliche Einbindung.
Kosten & Finanzierung
Die Kosten einer Intensivpflege-WG setzen sich aus Wohnen (Miete/Nebenkosten), Betreuung/Service und Pflegeleistungen zusammen. Die AKI-Leistungen nach § 37c SGB V werden – bei vorliegender ärztlicher Verordnung und Genehmigung – durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung getragen. Pflegeversicherungsleistungen nach SGB XI ergänzen die Grundpflege und entlasten bei Alltagsaufgaben. Wohnen (Miete, Nebenkosten, Verpflegung, Zimmerausstattung) zahlen Sie grundsätzlich selbst. Sozialhilfen nach SGB XII können eintreten, wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen. Entscheidend sind klare, schriftliche Preislisten und eine getrennte Darstellung aller Bausteine, damit Sie Eigenanteile sicher einordnen.
Miete/Nebenkosten, Betreuungs-/Servicepauschalen
Miete & Nebenkosten ergeben sich aus Ihrem Mietvertrag für das Zimmer und dem Anteil an Gemeinschaftsräumen. Nebenkosten umfassen typischerweise Heizung, Strom, Wasser, Müll, Hausreinigung der Gemeinschaftsflächen und ggf. Internet/Telefon, sofern nicht separat berechnet. Die Höhe orientiert sich an Lage, Größe, Ausstattung, Energieeffizienz und regionalen Mietspiegeln.
Betreuungs-/Servicepauschalen sind keine Pflegeleistungen. Sie decken Organisation, Alltagsbegleitung, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Einkauf/Koordination, Sitzwachen ohne Behandlungspflege, Freizeit- und Teilhabeangebote. Transparenz schaffen Anbieter, die Leistungsinhalte katalogartig mit Frequenzen, Reaktionszeiten und Ausschlüssen aufführen. Achten Sie auf:
- Leistungsumfang (z. B. tägliche Zimmerreinigung vs. wöchentliche Grundreinigung),
- Erreichbarkeit (z. B. Tagespräsenz einer Hauswirtschaftskraft),
- Zusatzentgelte (z. B. Begleitfahrten, besondere Anschaffungen),
- Kündigungsfristen getrennt vom Miet- und Pflegevertrag.
Individuelle Lebenshaltung (z. B. Verpflegung, Kleidung, Körperpflegeprodukte, Telefon/TV, persönliche Anschaffungen) tragen Sie separat. Für Speisen gilt: Entweder Selbstversorgung, externe Essensdienste oder ein optionaler Verpflegungsservice der WG – stets vertraglich und preislich getrennt.
AKI-Leistungen (GKV/PKV) und SGB XI-Leistungen
AKI – § 37c SGB V:
- Voraussetzung ist eine ärztliche Verordnung mit Begründung des außerklinischen Intensivpflegebedarfs.
- Der Kostenträger ist die gesetzliche oder private Krankenversicherung, die die Verordnung prüft und genehmigt; regelmäßig erfolgt eine periodische Reevaluation des Bedarfs.
- Leistungsbeispiele: Beatmungs- und Monitoringmanagement, Trachealkanülen-Versorgung, komplexe Medikamentengaben, Krisen- und Notfallmanagement, interprofessionelle Koordination, Schulungen zur sicheren Selbst- oder Angehörigenkompetenz im erlaubten Rahmen.
SGB XI – Pflegeversicherung:
- Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) für körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuung und Hilfen bei der Haushaltsführung.
- Pflegegeld (§ 37 SGB XI) bei überwiegend selbstorganisierter Pflege; in der WG wird es oft ergänzend eingesetzt.
- Kombinationsleistungen sind möglich, wenn ein Teil als Sachleistung und ein Teil als Pflegegeld genutzt wird.
- Zusätzlich kommen Entlastungsbeträge und ggf. Kurzzeit-/Verhinderungspflege in Betracht, wenn Übergänge zu organisieren sind.
Wichtig: AKI und SGB XI überlagern sich nicht beliebig. Grund- und Behandlungspflege sind sauber zu trennen, Doppelabrechnungen sind unzulässig. Seriöse Anbieter erklären, wie sie Leistungen dokumentieren und voneinander abgrenzen.
Eigenanteile und mögliche Sozialhilfen (SGB XII)
Reichen Einkommen und Vermögen zur Deckung von Wohnen, Service und restlichen Eigenanteilen nicht aus, können Hilfe zur Pflege oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII in Betracht kommen. Zuständig sind die örtlichen Sozialhilfeträger. Häufige Konstellationen:
- Kosten der Unterkunft: Unterstützung bei Miete/Nebenkosten nach Prüfung von Angemessenheit und persönlichen Verhältnissen.
- Eigenanteile in der Pflege: Ergänzende Leistungen, wenn SGB XI-Budgets nicht ausreichen und keine AKI-Leistung greift.
- Einzelfallhilfen: Z. B. für notwendige Umzüge, besondere Bedarfe, Assistenzleistungen außerhalb der Pflege.
Notwendig sind in der Regel Anträge, Einkommens-/Vermögensnachweise, Miet-/Preislisten sowie Leistungsbeschreibungen der Dienste. Beraten lassen können Sie sich bei Pflegestützpunkten, kommunalen Beratungsstellen, Betreuungsvereinen oder unabhängigen Patient:innen- und Pflegeberatungen.
Kostenbausteine in der WG (Beispielstruktur)
| Kostenbaustein | Inhalt/Beispiele | Typische Zuständigkeit | Abrechnungsform | Wichtige Nachweise |
| Miete | Zimmermiete, Anteil Gemeinschaftsflächen | Mieter:in privat; ggf. SGB XII (Kosten der Unterkunft) | Mietvertrag, monatlich | Mietvertrag, Hausordnung, Wohnflächenaufstellung |
| Nebenkosten | Heizung, Strom, Wasser, Müll, Grundreinigung Gemeinschaftsbereiche | Mieter:in privat; ggf. Zuschüsse | Betriebskostenabrechnung | Nebenkostenübersicht, Verteilerschlüssel |
| Service-/Betreuungspauschale | Hauswirtschaft, Alltagsbegleitung, Organisation, Einkäufe, Freizeitangebote | Mieter:in privat | Betreuungs-/Servicevertrag, ggf. Modulleistungen | Leistungsbeschreibung, Preis-/Modulliste, Reaktionszeiten |
| AKI (§ 37c SGB V) | Beatmung, Monitoring, Krisenmanagement, komplexe Behandlungspflege | Gesetzliche/Private Krankenversicherung | Pflegevertrag, Leistungsnachweis/Verordnung | Ärztliche Verordnung, Genehmigung, Dokumentation |
| SGB XI-Sachleistungen (§ 36) | Körperpflege, Ernährung, Mobilität, pflegerische Betreuung | Pflegekasse | Pflegevertrag, monatliche Abrechnung | Pflegegradbescheid, Leistungsplanung |
| Pflegegeld (§ 37 SGB XI) | Geldleistung bei selbstorganisierter Pflege | Pflegekasse | Direktzahlung an Versicherte | Pflegegradbescheid |
| Hilfsmittel/Verbandsmittel | Absauggeräte, Verbrauchsmaterial, Trachealkanülen, Inkontinenz | Kranken-/Pflegekasse je nach Produkt | Rezept/Verordnung, Pauschalen | Ärztliche Verordnung, Lieferverträge |
| Individuelle Lebenshaltung | Verpflegung, Kleidung, Körperpflegeprodukte, Telefon/Internet | Mieter:in privat | Direkteinkauf/Servicepauschalen | Quittungen, Menüpläne |
| Zuzahlungen/Belastungsgrenze | Gesetzliche Zuzahlungen für Medikamente, Heilmittel | Versicherte privat (bis Belastungsgrenze) | Apotheken-/Therapiekosten | Quittungen, Befreiungsbescheid |
Verträge, Rechte & Transparenz
Intensivpflege-WGs funktionieren rechtssicher, wenn Wohnen, Service und Pflege strukturell und vertraglich getrennt sind. Miet- und Betreuungsrecht folgen landesrechtlichen Vorgaben (WTG/Heimrecht-Äquivalente), während Pflege- und Krankenversicherungsleistungen sozialrechtlich geregelt sind. Achten Sie auf eindeutige Leistungsbeschreibungen, nachvollziehbare Preislisten, Kündigungsmodalitäten und Beschwerdewege. Ein „Kopplungsverbot“ im Sinne der freien Wahl der Pflege- und Betreuungsdienste sollte gewahrt bleiben: Wer das Zimmer mietet, darf grundsätzlich selbst entscheiden, welcher Pflegedienst die Leistungen erbringt – sofern Sicherheits- und Qualitätsanforderungen erfüllt sind.
Mietvertrag, Betreuungsvertrag, Pflegevertrag
Mietvertrag: Regelt Zimmer, Mitbenutzung von Gemeinschaftsflächen, Miethöhe, Nebenkosten, Hausordnung, Schlüsselregelungen, Haftung, Instandhaltung, Kündigungsfristen und Kaution. Er ist unabhängig von Pflege- oder Betreuungsverhältnissen.
Betreuungs-/Servicevertrag: Beschreibt hauswirtschaftliche und organisatorische Leistungen, Präsenzzeiten, Reaktionszeiten, Vertretungsregelungen, Qualitätsstandards (z. B. Hygiene im Küchenbereich), Dokumentationspflichten und Vergütung. Wichtig sind transparente Modulpakete, klare Ausschlüsse (z. B. keine Behandlungspflege) und flexible Kündigungsmöglichkeiten.
Pflegevertrag: Legt Art und Umfang der AKI-Leistungen (§ 37c SGB V) sowie ggf. SGB-XI-Leistungen fest. Enthält Regelungen zu Verordnungen, Genehmigungen, ärztlichen Anordnungen, Visitenstrukturen, Notfall- und Krisenmanagement, Dokumentation, Qualitätskontrollen, Vertretungen und Mitwirkungspflichten. Ein sauberer Pflegevertrag trennt Behandlungspflege (SGB V) von grundpflegerischen Anteilen (SGB XI) und weist Abrechnungswege aus.
Kündigungsfristen, Mitbestimmung, Angehörigenrechte
Kündigungsfristen unterscheiden sich je nach Vertragsart. Mietverträge folgen dem bürgerlichen Recht; Pflege- und Betreuungsverträge enthalten eigene Fristen und Sonderkündigungsrechte (z. B. bei Klinikaufenthalt, Umzug, Pflegegradänderung). Prüfen Sie, ob kurze, faire Fristen und Übergangsregelungen vorgesehen sind, damit Versorgungslücken vermieden werden.
Mitbestimmung ist WG-typisch: Mieterversammlungen beschließen Hausordnungsfragen, wählen Sprecher:innen und setzen Rahmen für Gemeinschaftsleben. Pflegeentscheidungen werden fachlich getroffen, doch Rückmeldungen aus WG-Runden sollten strukturiert einfließen.
Angehörigenrechte bestehen, wenn Vollmachten/Betreuerausweise vorliegen. Angehörige können Einsicht in Leistungsnachweise erhalten, an Hilfeplangesprächen teilnehmen und Beschwerdewege nutzen. Klären Sie, wie Erreichbarkeit, Besuchszeiten, Datenschutz und Notfallkontakte geregelt sind.
Preislisten, Leistungsnachweise, Beschwerdewege
Preislisten sollten aktuelle Stände mit Datum tragen, Leistungsinhalte beschreiben und Zusatzentgelte klar benennen. Leistungsnachweise (Pflegeberichte, Checklisten, Stundennachweise) dokumentieren erbrachte Maßnahmen und sind Grundlage für Abrechnung und Qualitätssicherung.
Beschwerdewege:
- Intern: feste Ansprechpersonen, Fristen, Rückmeldelogik.
- Extern: Krankenkassen/Pflegekassen, unabhängige Beratungen, Patienten- und Pflegebeauftragte, Heimaufsicht/WTG-Behörden, Betreuungsgericht bei Rechtsfragen.
Dokumentation: Jede Beschwerde und die Reaktion darauf gehören schriftlich festgehalten, um systematisch zu lernen und Risiken zu reduzieren.
Qualität & Sicherheit
Die Qualität einer Intensivpflege-WG zeigt sich nicht an Versprechen, sondern an strukturierten Nachweisen: Qualifikation und Fortbildung des Personals, gelebtes Notfall- und Hygienemanagement, sichere Arzneimittel- und Gerätestrukturen, regelmäßige fachärztliche Visiten sowie eine dokumentierte Reevaluation der Beatmungs- und Überwachungsindikation (Weaning-Potenzial). Prüfen Sie, ob Prozesse messbar sind, z. B. durch Checklisten, Auditberichte und Schulungsnachweise.
Personalqualifikation, Notfallmanagement
Personalqualifikation:
- Examinierte Pflegefachpersonen mit Zusatzkompetenzen in Intensiv-/Beatmungspflege.
- Nachweise zu Einarbeitung, Praxisanleitung, Notfalltrainings (z. B. Atemwegsmanagement, Reanimation), Geräte- und Hygieneschulungen.
- Verbindliche Fortbildungspläne mit Intervallen, Dokumentation und Wirksamkeitskontrolle.
Notfallmanagement:
- Erreichbare, klar sichtbare Notfallpläne mit Rollen, Rufnummern, Entscheidungsbäumen.
- Simulationstrainings (z. B. Trachealkanülen-Diskonnektion, Beatmungsstörung, Krampfanfall).
- Kooperationen mit Haus-/Fachärzt:innen, Kliniken, Rettungsdienst; definierte Übergabestandards.
- Critical-Incident-Reporting und Morbiditäts-/Mortalitätsbesprechungen zur systematischen Auswertung.
Hygiene, Arzneimittel- und Gerätesicherheit
Hygiene:
- Hygienepläne inkl. Händehygiene, Isolationsstrategien, Flächendesinfektion, Aufbereitung von Medizinprodukten, Abfallentsorgung.
- Mikrobiologische Surveillance bei Risikokonstellationen, Antibiotic-Stewardship in ärztlicher Verantwortung.
- Evidenzbasierte Wund- und Katheterpflegeprotokolle.
Arzneimittelmanagement:
- Vier-Augen-Prinzip bei Hochrisiko-Medikamenten, klare Aufbewahrung, Temperatur-/Lichtmonitoring, Ablaufkontrollen.
- Digitale oder papiergebundene Medikationspläne mit Aktualisierung nach ärztlicher Anordnung; Interaktions-Check durch Apotheke/Ärzt:in.
- Dokumentierte Schulungen zu Applikationswegen (PEG, Port, inhalativ).
Medizintechnik:
- Regelmäßige Sicherheits- und Funktionsprüfungen (MPG-/MDR-konform), Wartungsverträge, Kalibrierungen.
- Redundanzen und Notfall-Sets (z. B. Ersatz-Beatmungsgerät, Akkus, Sauerstoff, Absaugung), Checklisten für Dienstübergaben.
- Einweisungen mit Protokollen für jedes relevante Gerät.
Weaning-Reevaluation und Visitenstrukturen
Weaning-Potenzial sollte regelmäßig interdisziplinär überprüft werden. Ziel ist es, Abhängigkeiten von Beatmung oder invasiven Zugängen zu reduzieren, wann immer medizinisch vertretbar. Dazu gehören definierte Visitenstrukturen:
- Hausärztliche, pneumologische oder neurologische Regelkontakte.
- Telemedizinische Fallkonferenzen bei Bedarf.
- Therapiepläne mit SMART-Zielen (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert).
Klare Dokumentation von Entscheidungen, inkl. Einbezug von Patient:innen-Willen, Vorsorgevollmachten und ethischen Konsilen, wenn angezeigt.
FAQ – Intensivpflege-WG
Für wen ist eine Intensivpflege-WG geeignet?
Für Menschen mit dauerhaft sehr hohem pflegerisch-medizinischem Bedarf, die ein privates Wohnumfeld wünschen und von 24/7-Präsenz qualifizierter Pflegefachkräfte sowie gemeinschaftlichen Strukturen profitieren möchten.
Was ist der Unterschied zwischen AKI und SGB XI-Leistungen?
AKI (§ 37c SGB V) umfasst ärztlich verordnete, hochintensive Behandlungspflege und wird von der Krankenversicherung getragen. SGB XI ergänzt Grundpflege und Alltagsunterstützung abhängig vom Pflegegrad.
Muss ich alle Leistungen beim gleichen Anbieter buchen?
Nein. Wohnen, Service und Pflege sind grundsätzlich trennbar. Sie sollten frei wählen können, welcher Pflegedienst die Leistungen erbringt – vorbehaltlich Sicherheitsanforderungen der WG.
Wer zahlt die Miete?
Die Miete zahlen Sie selbst aus Einkommen/Vermögen. Wenn sie unangemessen hoch ist bzw. Mittel fehlen, kann – nach Prüfung – Unterstützung nach SGB XII möglich sein.
Wie komme ich an AKI-Leistungen?
Über eine ärztliche Verordnung, die der Krankenversicherer prüft und genehmigt. Grundlage ist der nachgewiesene außerklinische Intensivpflegebedarf.
Kann ich mein Zimmer einrichten, wie ich möchte?
Ja, soweit es sicherheitlich vertretbar ist und die Hausordnung beachtet wird. Medizinische Gerätschaften müssen zugänglich und sicher betrieben werden können.
Dürfen Angehörige über Leistungen mitentscheiden?
Mit entsprechender Vollmacht oder gesetzlicher Betreuung können Angehörige einbezogen werden. Fachliche Entscheidungen folgen medizinischen Standards und dem Patientenwillen.
Wie werden Notfälle gehandhabt?
Die WG benötigt schriftliche Notfallpläne, trainierte Abläufe und Kooperationen mit Rettungsdienst/Kliniken. Geräte, Alarme und Rollen müssen eindeutig geregelt sein.
Gibt es feste Besuchszeiten?
Als ambulantes Wohnumfeld regeln Hausordnung und individuelle Absprachen die Besuche. Ruhezeiten und Sicherheitsaspekte sind zu beachten.
Was passiert bei Klinikaufenthalt oder Reha?
Klären Sie vertraglich, wie Miete, Service- und Pflegeverträge während der Abwesenheit gehandhabt werden (z. B. Ruhen, Reduktionen, Sonderkündigungsrechte).
Wer entscheidet über Weaning-Versuche?
Interdisziplinäre Teams mit ärztlicher Leitung. Die Entscheidung berücksichtigt medizinische Machbarkeit, Risiken, Lebensqualität und den dokumentierten Willen der Patientin/des Patienten.
Wie wird Qualität nachgewiesen?
Über Qualifikations- und Fortbildungsnachweise, Auditberichte, Leistungsdokumentation, Notfall-/Hygiene-Protokolle, Visitenpläne und Beschwerdemanagement mit Rückmeldepflicht.
Können Therapien (Logo/Physio/Ergo) in der WG stattfinden?
Ja, bei ärztlicher Verordnung und organisatorischer Machbarkeit. Termine, Räume und Infektionsschutz sind abzustimmen.
Wie vermeide ich Doppelabrechnungen?
Durch klare Leistungsabgrenzung: AKI (SGB V) getrennt von SGB XI und Service. Prüfen Sie Pflegeplanung, Leistungsnachweise und vertragliche Abgrenzungen.
Was tun bei Konflikten mit dem Pflegedienst?
Zuerst Gespräch und interne Beschwerdewege nutzen. Bei ungelösten Konflikten: Krankenkasse/Pflegekasse, unabhängige Beratung, Heimaufsicht/WTG-Behörde, ggf. rechtliche Schritte.
Darf die WG vorschreiben, welchen Pflegedienst ich wähle?
Grundsätzlich besteht Wahlfreiheit. Aus Sicherheitsgründen können Anforderungen definiert sein (z. B. Qualifikation, Notfallkonzept). Koppelungen sind kritisch zu prüfen.
Welche Unterlagen sollte ich vor Einzug erhalten?
Mietvertrag, Preis-/Leistungslisten, Betreuungs-/Servicevertrag, Pflegevertrag, Hausordnung, Notfall- und Hygienekonzepte, Datenschutz- und Beschwerdewege, Ansprechpartnerliste.
Wie werden Hilfsmittel organisiert?
Über ärztliche Verordnung und Kooperation mit Sanitätshäusern. Verantwortlichkeiten für Bestellung, Wartung, Lagerung und Kosten (inkl. Zuzahlungen) sind festzulegen.
Gibt es Mindest-Personalschlüssel?
Gesetzliche Vorgaben variieren; entscheidend sind bedarfsgerechte Besetzung, Qualifikation, Nachtdienstregelungen und dokumentierte Notfall-/Vertretungskonzepte.
Kann ich den Pflegedienst wechseln?
Ja, unter Beachtung von Kündigungsfristen und Übergaberegelungen. Stellen Sie sicher, dass Notfall- und Hilfsmittelstrukturen nahtlos weiterlaufen.
Wie werden Datenschutz und Intimsphäre geschützt?
Durch Zutrittsregeln fürs Zimmer, Schweigepflichten, dokumentierte Einwilligungen, sichere Aufbewahrung von Unterlagen und kontrollierte Zugriffe auf digitale Systeme.
Was ist mit Zuzahlungen und Belastungsgrenzen?
Gesetzlich Versicherte leisten Zuzahlungen bis zur individuellen Belastungsgrenze. Bewahren Sie Quittungen auf und beantragen Sie ggf. Befreiungen.
Sind Haustiere erlaubt?
Das ist eine Hausordnungsfrage. Aus Hygiene- und Sicherheitsgründen gelten oft Einschränkungen; individuelle Lösungen sind möglich, wenn Versorgung nicht beeinträchtigt wird.
Kann eine WG auch für außerklinische Kinderintensivpflege geeignet sein?
Ja, sofern Strukturen, Qualifikationen, Notfallmanagement, Kinderschutz, Schul-/Kita-Kooperationen und familienzentrierte Konzepte ausgewiesen sind.
Wie lange dauert die Aufnahme?
Das hängt von Zimmerverfügbarkeit, Verordnungen, Genehmigungen, Hilfsmitteln und Teamzusammenstellung ab. Gute Anbieter nennen transparente Prozessschritte und Verantwortliche.
Fazit
Eine Intensivpflege-WG kann die richtige Wahl sein, wenn Sie ein privates, selbstbestimmtes Wohnumfeld mit hochqualifizierter 24/7-Versorgung verbinden möchten. Achten Sie darauf, dass Wohnen (Miete/Nebenkosten), Betreuung/Service und Pflege (AKI nach § 37c SGB V sowie SGB-XI-Leistungen) klar getrennt angeboten, beschrieben und abgerechnet werden. Verlangen Sie aktuelle Preislisten mit Datum, präzise Leistungsbeschreibungen, Kündigungs- und Übergangsregelungen sowie nachvollziehbare Qualitäts- und Sicherheitsnachweise (Notfall-/Hygiene-/Medikations-/Gerätekonzepte, Fortbildungs- und Visitenpläne, Weaning-Reevaluation). Prüfen Sie außerdem Mitbestimmungs- und Angehörigenrechte, transparente Beschwerdewege und die Wahrung Ihrer Wahlfreiheit bei Diensten. Wenn Mittel nicht ausreichen, beziehen Sie frühzeitig SGB-XII-Beratung ein. Mit dieser strukturierten Sicht behalten Sie den Überblick über Kosten, Verträge und Qualität – und treffen eine Entscheidung, die Versorgungssicherheit, Selbstbestimmung und Lebensqualität bestmöglich in Einklang bringt.


