Querschnittlähmung verändert Motorik, Sensibilität und autonome Funktionen – je nach Läsionshöhe von der zervikalen bis zur lumbalen Ebene. Damit verschieben sich Schwerpunkte in Pflege und Assistenz: von der sicheren Atem- und Hustenunterstützung bei hohen Tetraplegien bis zur Dekubitusprophylaxe, zum Transfer-Training und zum zuverlässigen Blasen-/Darmmanagement bei Paraplegien. Dieser Beitrag ersetzt keine ärztliche Beratung, liefert Ihnen jedoch eine systematische Orientierung für den Alltag, für Hilfsmittelentscheidungen und für die erfolgreiche Beantragung und Begründung des Pflegegrads.
Im Mittelpunkt stehen praxistaugliche Schritte: Wie organisieren Sie Lagerungen und Transfers? Welche Hilfsmittel sparen Kraft und Zeit? Wie lassen sich Wohnung und Bad so anpassen, dass Wege kurz, sicher und eigenständig bleiben? Und wie argumentiert man in der Begutachtung nach dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA) realistisch – inklusive Nachweisen zu nächtlicher Hilfe, Katheter- und Stomaversorgung sowie Druckstellenrisiko? Zielgruppe sind Menschen mit Para-/Tetraplegie, Angehörige und Pflegefachkräfte.
Krankheitsbild & Folgen
Kurz gesagt: Querschnittlähmung ist kein einzelnes Bild, sondern ein Kontinuum. Je tiefer die Läsion, desto mehr Rumpf- und Beinmuskulatur bleibt verfügbar; je höher, desto eher sind auch Arme, Hände, Hustenstoß, Blutdruckregulation und Temperaturhaushalt betroffen. Neben Lähmungen treten Spastik, neuropathische Schmerzen sowie Störungen von Blase, Darm und Sexualfunktion auf. Pflege und Therapie zielen daher auf Kompensation, Sekundärprophylaxen und den Erhalt von Selbstständigkeit – mit kluger Technik, klaren Routinen und verlässlicher Dokumentation.
Läsionshöhen (zervikal, thorakal, lumbal) – Para- vs. Tetraplegie
- Zervikal (C1–C8): Tetraplegie. Je höher die Läsion, desto ausgeprägter die Arm-/Hand- und Atembeteiligung.
- Hohe Tetraplegie (C1–C4): Häufig Trachealkanüle oder Atemhilfen, Hustenassistenz erforderlich. Hände meist funktionslos, Kopf-/Kinnsteuerungen für Rollstuhl und Smart Home sinnvoll.
- Mittlere Tetraplegie (C5–C6): Ellenbogenflexion vorhanden, Handfunktion eingeschränkt; Griffhilfen, Handschienen und E-Rollstuhl mit Spezialsteuerung erhöhen Selbstständigkeit.
- Niedrige Tetraplegie (C7–C8): Teilweise Handfunktion, besserer Transfer mit Rutschbrett möglich; Feingriffe bleiben limitiert.
- Hohe Tetraplegie (C1–C4): Häufig Trachealkanüle oder Atemhilfen, Hustenassistenz erforderlich. Hände meist funktionslos, Kopf-/Kinnsteuerungen für Rollstuhl und Smart Home sinnvoll.
- Thorakal (Th1–Th12): Paraplegie. Arme und Hände intakt, Rumpfstabilität nimmt nach kaudal zu.
- Hohe Paraplegie (Th1–Th6): Schwacher Hustenstoß, orthostatische Probleme möglich; Rumpfstabilität eingeschränkt.
- Mittlere Paraplegie (Th7–Th10): Besseres Gleichgewicht im Sitz; selbstständiger Transfer realistisch.
- Niedrige Paraplegie (Th11–Th12): Gute Rumpfkontrolle; ggf. Orthesen für kurze Gehstrecken.
- Hohe Paraplegie (Th1–Th6): Schwacher Hustenstoß, orthostatische Probleme möglich; Rumpfstabilität eingeschränkt.
- Lumbal/sakral (L1–S5): Paraplegie mit variabler Bein- und Beckenbodenfunktion; häufig Mischbilder bei Blase/Darm/Sexualfunktion.
Für die Pflege bedeutet dies: Art und Intensität der Unterstützung bei Transfer, Körperpflege, An-/Auskleiden, Essen/Trinken, Atemunterstützung, Blasen-/Darmmanagement und nächtlicher Hilfe hängen maßgeblich von der Läsionshöhe ab. Dokumentieren Sie dies konsistent, denn es prägt Module 1, 4 und 5 im Pflegegrad.
Sensomotorik, Spastik, Schmerz
- Sensomotorik: Unterhalb der Läsion sind Ausfälle motorisch und/oder sensibel typisch. Residuale Funktionen gezielt trainieren; Kompensation über Hilfsmittel und Techniken (z. B. Gewichtsverlagerungen, Rutschbrett).
- Spastik: Tonuserhöhungen können Transfers erschweren, aber auch Stabilität geben. Achten Sie auf Trigger (Blasenfüllung, Hautreizungen, Infekte). Regelmäßige Dehnungen, angepasste Lagerung, ggf. medikamentöse Therapie.
- Neuropathischer Schmerz: Brennend/bohrend trotz Sensibilitätsstörung möglich. Für den Alltag entscheidend sind feste Tagesstrukturen, Körperwahrnehmung, Wärme-/Kälteanwendungen, Schonung von Druckpunkten und eine schmerzbewusste Aktivitätsplanung.
Autonome Dysfunktion: Blase, Darm, Temperatur
- Blase: Neurogene Blasenstörung mit Restharn, Inkontinenz oder Überlauf. Strategien: intermittierender Selbstkatheterismus (ISK), suprapubischer oder transurethraler Dauerkatheter, Kondomurinal. Wichtig sind Trinkplan, sterile/saubere Technik, UTI-Prävention, Hilfsmittellogistik und Nachweise zu Hilfebedarf und Zeitbedarf.
- Darm: Obstipation, Inkontinenz oder Reflexentleerung. Bausteine: fester Darmplan (Zeit, Position, digitale Stimulation, Suppositorien/Miniklysmen), ausreichende Flüssigkeit/Ballaststoffe, abdominale Massage, Sitzposition mit Stütze. Pflegezeit ist real zu erfassen, besonders bei An-/Auskleiden und Reinigung.
Herz-Kreislauf & Temperatur: Orthostatische Dysregulation, autonome Dysreflexie (insb. bei Läsion ≥ Th6), gestörte Thermoregulation. Prophylaxen: Stützstrümpfe, Bauchgurt, langsames Aufrichten, Auslöserkontrolle (voller Darm/Blase, Druckstellen), Temperaturmanagement durch Kleidung/Umgebung.
Alltag & Pflegeorganisation
Querschnittlähmung verlangt klare, wiederholbare Abläufe, die Kräfte sparen und Risiken minimieren. Entscheidend sind sichere Transfers, druckentlastende Lagerungen, verlässliches Blasen-/Darmmanagement sowie eine tragfähige Assistenzorganisation – ambulant, im Angehörigenverbund oder mit Pflegedienst. Pflegedokumentation hält Zeiten, Hilfsgriffe, Hilfsmittel und besondere Risiken fest. So argumentieren Sie nachvollziehbar im Pflegegrad, planen Hilfsmittel nach und optimieren Tagesstruktur und Nachtdienst.
Transfer, Lagerung, Dekubitusprophylaxe
Transfer:
- Technik wählen: Rutschbrett, Schwenktransfer, Hebelifter (mobil/fest), Aufstehhilfe bei lumbalen Läsionen.
- Umgebung vorbereiten: Bremsen an, Fußstützen hoch, Körper nah an Zielposition, klare Kommandos.
- Schulung und regelmäßige Supervision minimieren Verletzungen und sparen Minuten pro Transfer.
- Nächtliche Transfers (z. B. Toilettengang, Umlagern) gesondert planen und dokumentieren.
Lagerung & Dekubitusprophylaxe:
- Risikoprofil: verminderte Sensibilität, Spastik, erschwerte Eigenbewegung, Inkontinenz.
- Maßnahmen: 30°-Schräglage, Mikrolagerungen, druckentlastende Matratzen/Kissen, zeitgesteuerte Entlastung im Rollstuhl (z. B. alle 30–60 Minuten), Hautinspektion und Feuchtigkeitsmanagement.
- Hilfsmittel: Wechseldrucksysteme, Sitzkissen mit Luft/Gel/Schaum, Positionierungshilfen; richtige Einstellung ist entscheidend.
- Dokumentation: Hautstatus (Fotos nur mit Einwilligung), Uhrzeiten, Positionen, Reaktionen, Hinweise auf Schmerzen/Spastik.
Atem- und Hustenunterstützung (bei Tetraplegie/hoher Paraplegie): Assistiertes Abhusten, In-/Exsufflator, Atemtrainer, Sekretmanagement und Infektprophylaxe in den Tagesplan integrieren.
Blasen-/Darmanagement
Blase:
- ISK: Hohe Selbstständigkeit möglich, aber Vorbereitung, Hygiene und Materiallogistik (Katheter, Gleitgel, Desinfektion, Entsorgungsweg) erfordern Zeit.
- Dauerkatheter (suprapubisch/transurethral): Wechselfristen, Materialnachschub, Entleerungsbeutel und Hautpflege einplanen.
- Kondomurinal: Passform, Hautschutz, Klebetechnik und nächtliche Entleerung beachten.
- Pflegeaspekte: Flüssigkeitsbilanz, UTI-Zeichen, Notfallplan bei Blockade/Leckagen, Schulungsnachweise. Dokumentieren Sie jede Einzelleistung und den Netto-Zeitbedarf.
Darm:
- Fester Darmplan mit Uhrzeit, Position, Hilfsmittel (Suppositorien, Miniklysmen, digitale Stimulation) und Nachbereitung.
- Achten Sie auf Ernährung, Flüssigkeit, Bewegung/Dehnung.
- Zeitbedarf real erfassen: Vorbereitung, Transfer, Durchführungszeit, Reinigung, Wäschepflege, Desinfektion.
Assistenz, 24-Stunden-Versorgung (falls nötig)
- Modellwahl: Angehörigenpflege, Pflegedienst, Persönliches Budget/Arbeitgebermodell, Kombinationen.
- Dienstpläne: Kernzeiten für Körperpflege, Mahlzeiten, Transfers, Hauswirtschaft, Freizeit/Arbeit/Studium; verlässlich abbilden, wo Alleinsein riskant wäre (z. B. autonome Dysreflexie-Gefahr, nächtliche Spastik, Atemrisiko).
- Qualifikation: Einweisungen zu Katheterwechsel, Stomapflege, Sekretmanagement, Dysreflexie-Warnzeichen, Druckentlastung.
- Notfallkette: Hausnotruf, erreichbare Ansprechpartner, Medikamentenliste, Beatmung/Tracheostoma-Anleitung (falls vorhanden).
- Entlastung: Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege rechtzeitig blocken; interne Hinweise auf entsprechende Ratgeber (z. B. Verhinderungspflege) sind hilfreich.
NBA-Module – Querschnittlähmung
| NBA-Modul | Was wird bewertet? | Typische Auswirkungen bei Querschnitt | Häufige Hilfen | Dokumentationshinweis |
| 1 Mobilität | Positionswechsel, Fortbewegen | Einschränkungen je nach Läsionshöhe; Transfer ohne/mit Hilfsmittel; Druckentlastung im Sitz | Rutschbrett, Lifter, Positionierungskissen | Transferzeiten, Anzahl täglicher Lagerungen, Entlastungsintervalle |
| 2 Kognitive/kommunikative Fähigkeiten | Verstehen, Entscheiden | Meist unauffällig; evtl. Fatigue/Schmerz beeinflussen Konzentration | Strukturierte Abläufe, Erinnerungshilfen | Notieren, wann Anleitung nötig ist |
| 3 Verhaltensweisen/psychische Problemlagen | Umgang mit Belastung | Anpassungsstress, Angst/Depression möglich | Gespräche, Krisenplan, Psychotherapie | Auffälligkeiten und Interventionszeiten erfassen |
| 4 Selbstversorgung | Körperpflege, Essen/Trinken, An-/Auskleiden | Hoher Hilfebedarf bei Tetraplegie; bei Paraplegie v. a. Unterkörperpflege, Füße, Rumpf | Duschstuhl, Greifhilfen, Handschienen | Schrittfolgen und Assistenzgrade differenziert festhalten |
| 5 Krankheitsbezogene Anforderungen | Medikation, Katheter/Stoma, Atem, Messungen | ISK/Dauerkatheter, Darmplan, Sekretmanagement, Druckstellenkontrolle | Materiallogistik, Desinfektion, In-/Exsufflator | Exakte Frequenzen und Netto-Zeiten je Maßnahme |
| 6 Alltag/Soziale Kontakte | Tagesstruktur, Freizeit | Transfer-/Umgebungsbarrieren, Fahrtendienste | E-Rollstuhl, Smart-Home, Assistenzzeiten | Begleitung/Organisation dokumentieren, inkl. Wartezeiten |
Hilfsmittel & Umbau
Hilfsmittel entscheiden über Selbstständigkeit, Sicherheit und Pflegeökonomie. Maßgeblich sind Körpermaße, Läsionshöhe, Wohnumfeld, Transfersituation und berufliche/soziale Ziele. Planen Sie vorausschauend: Erst Versorgung stabilisieren (Sitzkissen, Lagerung, Transferhilfen), dann Mobilität (Rollstuhl/Antrieb/Steuerung), anschließend Wohnraumanpassung und digitale Assistenz. Denken Sie an Wartung, Ersatzgeräte und Stromausfälle.
Rollstuhl, Stehtrainer, Transferhilfen
- Rollstuhlwahl:
- Aktivrollstuhl (individuell konfiguriert) für Paraplegie mit ausreichender Armfunktion.
- Elektrorollstuhl bei Tetraplegie/hoher Paraplegie, inkl. Spezialsteuerungen (Kinn, Kopf, Sip-n-Puff, Joystick mit Handauflage).
- Sitzkissen druckentlastend und anpassbar; regelmäßige Druckmessung/Check der Ventile bei Luftkissen.
- Rücken-/Seitenstützen für Rumpfstabilität.
- Aktivrollstuhl (individuell konfiguriert) für Paraplegie mit ausreichender Armfunktion.
- Stehtrainer/Stehfunktion: Passive/aktive Systeme fördern Kreislauf, Knochenstoffwechsel, Verdauung und Dehnung. Einsatzfrequenz mit Ärztin/Arzt und Therapie abstimmen; Blutdruck beachten.
- Transferhilfen: Rutschbrett, Drehteller, mobile und fest installierte Lifter (Schienenlifter/Deckenlifter), Aufstehhilfen; Handschuhe/Griffverstärker bei eingeschränkter Handfunktion.
Adaptiver Wohnraum, Bad, Rampen, Lifte
- Eingang & Wege: Stufenlose Zugänge, rutschfeste Beläge, Rampen mit sicherer Steigung, Automatiktüren/leichte Beschläge, ausreichende Wendekreise (mind. 150 cm).
- Bad: Bodengleiche Dusche, klappbare Haltegriffe, Duschhocker/Duschstuhl, rutschhemmende Fliesen, Waschbecken unterfahrbar, Thermostatarmaturen, Schiebe- oder Schwingtüren, ausreichend Abstellflächen für Katheter-/Stomapflege.
- WC: Erhöhte Sitzhöhe, seitliche Transferflächen, Dusch-WC/Toilettenbidet, spritzwassergeschützte Steckdosen, Notruf.
- Küche: Absenkbare Arbeitsplatten/Oberschränke, Auszüge statt Schränke, mittig platzierte Geräte, ausreichend Bewegungsradius.
- Treppen & Ebenen: Plattformlift, Sitzlift, Deckenlifter mit Transferstrecken (Bett–Bad).
- Beleuchtung & Akustik: Gute Sicht, Kontraste, leiser Boden; entlastet Konzentration und spart Kraft.
Hausnotruf und digitale Assistenz
- Hausnotruf: Tragbarer Sender, Sturzerkennung, 24/7-Leitstelle; sinnvoll bei nächtlichem Hilfebedarf, Dysreflexie-Risiko oder alleinigen Zeiten.
- Smart-Home: Tür-/Licht-/Rollladensteuerung, Heizung, Gegensprechanlage; Sprach- oder Spezialsteuerung über Kinn/Head-Array.
- Assistive Technologien: Mundstab, Greifarme, Umfeldsteuerung, Spracherkennung für PC/Smartphone, Augensteuerung bei hoher Tetraplegie.
- Datensicherheit & Redundanz: Offline-Fallbacks, Batteriepuffer, leicht erreichbare mechanische Alternativen.
Hilfsmittel bei Querschnittlähmung
| Kategorie | Beispiele | Zweck | Kostenübernahme (typisch) | Praxis-Tipp |
| Mobilität | Aktiv-/E-Rollstuhl, Zusatzantrieb, Handbike | Teilhabe, Wegstrecken | Krankenkasse/Teilhabe | Sitzposition regelmäßig prüfen |
| Druckentlastung | Luft-/Gel-/Schaumkissen, Antidekubitusmatratze | Dekubitusprophylaxe | Krankenkasse | Kissen korrekt einstellen, regelmäßig nachjustieren |
| Transfer | Rutschbrett, Drehteller, mobiler/Deckenlifter | Sicherer Positionswechsel | Pflegekasse/Krankenkasse | Umgebung frei räumen, Bremsen prüfen |
| Bad/WC | Duschstuhl, Haltegriffe, Dusch-WC | Hygiene, Selbstständigkeit | Pflegekasse/Krankenkasse | Griffposition auf Ihre Transfertechnik anpassen |
| Blase/Darm | ISK-Sets, Kondomurinal, Stomapflege, Irrigationssystem | Kontinenzmanagement | Krankenkasse | Verbrauchsmengen realistisch planen |
| Atem | In-/Exsufflator, Hustenassistent, Atemtrainer | Sekretmanagement | Krankenkasse | Anleitungen und Wartung dokumentieren |
| Smart-Home | Umfeldsteuerung, Sprachassistenz, Notruf | Sicherheit/Autonomie | Teilhabe/Hilfsmittel | Redundanz für Stromausfälle vorsehen |
Pflegegrad & Leistungen
Eine realistische Einstufung nach dem NBA bildet den täglichen Unterstützungsbedarf ab – nicht die Diagnose. Bei Querschnittlähmung prägen vor allem Mobilität (Modul 1), Selbstversorgung (Modul 4) und krankheitsbezogene Anforderungen (Modul 5) die Punktzahl. Modul 6 (Alltag/Soziale Kontakte) kann steigen, wenn Transfer- oder Umweltbarrieren Teilhabe erschweren. Kognitiv-kommunikative Einschränkungen (Modul 2) sind oft unauffällig, psychische Belastungen (Modul 3) können aber relevant werden.
Einstufung realistisch darstellen (Module 1–6)
- Modul 1 – Mobilität: Dokumentieren Sie Transfers (Häufigkeit, Technik, Hilfsmittel, Personenbedarf), Druckentlastungen im Sitzen und Umlagerungen in der Nacht.
- Modul 4 – Selbstversorgung: Differenzieren Sie Oberkörper-/Unterkörperpflege, Fußpflege, Intimhygiene, An-/Auskleiden, Baden/Duschen; notieren Sie, was eigenständig, teilunterstützt oder vollständig assistiert erfolgt.
- Modul 5 – Krankheitsbezogene Anforderungen: ISK-Frequenzen, Katheter-/Stomaversorgung, Darmpläne, Hautkontrollen, Sekretmanagement, Medikamentengaben, Vitalzeichen; jeweils mit Netto-Zeit pro Maßnahme und notwendiger Qualifikation.
- Modul 6 – Alltag: Planen und Strukturieren des Tages, Begleitung zu Terminen, Wartezeiten, Organisation der Hilfsmittel/Rezepte/Verordnungen.
- Module 2/3: Bei unauffälliger Kognition knapp begründen; psychische Problemlagen fachlich belegen (z. B. Diagnosen/Therapie).
Leistungskombinationen (Sachleistung, Pflegegeld, Entlastung)
- Pflegegeld für selbst sichergestellte Pflege (Angehörige/Assistenzkräfte).
- Pflegesachleistungen für Pflegedienst; Kombinationsleistung ist flexibel: Mitteilung an Pflegekasse, wie viel Prozent Sachleistung genutzt wird; das Pflegegeld wird anteilig gezahlt.
- Entlastungsbetrag für anerkannte Angebote (Haushalt, Betreuung).
- Wohnumfeld-Verbesserungen (z. B. Türverbreiterung, Rampe, Badumbau) via Zuschuss – planen Sie früh, verweisen Sie intern auf weiterführende Informationen zum Wohnumfeld-Zuschuss.
- Hilfsmittel je nach Zuständigkeit Kasse/Teilhabe – interne Hinweise auf Hilfsmittel-Ratgeber unterstützen die Auswahl.
Kurzzeit-/Verhinderungspflege, Wohngruppenzuschuss
- Verhinderungspflege: Wenn Hauptpflegeperson ausfällt oder Entlastung braucht; mit Kurzfristplanung kombinierbar. Weisen Sie auf unseren Ratgeber zur Verhinderungspflege hin.
- Kurzzeitpflege: Nach Krankenhaus/Reha oder bei Krisen; früh anfragen, Übergabeberichte vorbereiten.
- Wohngruppenzuschuss: In ambulant betreuten Wohngruppen möglich; lohnt sich bei planbarer 24-Stunden-Versorgung.
Tages-/Nachtpflege: Für Struktur, soziale Kontakte und Entlastung – Transfers und Toilettengänge vor Ort klären.
Begutachtung & Nachweise
Eine gute Begutachtungsvorbereitung bündelt Fakten, Zeiten und Risiken. Ziel ist, den typischen Tagesablauf realistisch abzubilden, inklusive Nächten, Ausnahme-Situationen und Hilfsmittelhandhabung. Legen Sie eine Leistungsübersicht an: Maßnahme, Frequenz, Netto-Zeit, Qualifikation, Hilfsmittel, Besonderheiten, Risiken, Ergebnis.
Transferzeiten, nächtliche Hilfe, Katheter-/Stomaversorgung
- Transferzeiten: Pro Transfer Start- und Endzeit vermerken; Technik (Rutschbrett/Lifter), Personalbedarf, Hindernisse.
- Nächte: Umlagerungen, Toilettengänge, Spastik-Episoden, Sekretmanagement, Leckagen; mit Zeiten und Folgen (Schlafunterbrechungen) erfassen.
- Blase/Darm: ISK-Frequenz, Dauerkatheterwechsel, Stomaversorgung, digitale Stimulation/Miniklysmen; Hygiene- und Entsorgungswege dokumentieren, inklusive Materiallogistik.
Druckstellen-Risiko, Hilfsmittelbedarf
- Hautstatus & Risiko: Sensibilitätsdefizit, Schweiß/Feuchtigkeit, Inkontinenz, Sitzzeiten, Spastik; regelmäßige Checks und Fotodokumentation nach Einwilligung.
- Hilfsmittel: Begründung über Zielerreichung (Sicherheit, Zeitersparnis, Selbstständigkeit, Prophylaxe). Alternative Lösungen aufführen, warum verworfen. Wartungs-/Ersatzbedarf benennen.
Reha- und Therapieberichte
- Reha-Entlassberichte, Therapiefortschritte, Verordnungen bündeln.
- Zielvereinbarungen aufnehmen: Transfer selbstständig? Sichere ISK-Durchführung? Dekubitusfrei bleiben?
Arbeits-/Studiumsziele dokumentieren: Wegzeiten, Fahrtendienste, Assistenzfenster.
FAQ – Querschnittlähmung
Kurz beantwortet – für schnelle Orientierung im Alltag und bei der Pflegeorganisation.
Wie oft sollte ich im Rollstuhl Druckentlastung durchführen?
Alle 30–60 Minuten kurz entlasten, zusätzlich längere Entlastungsphasen nach individueller Empfehlung. Wichtig ist Konsequenz und eine gut eingestellte Sitzhilfe.
Was gehört in einen alltagstauglichen Darmplan?
Feste Uhrzeit, richtige Position, Hilfsmittel (z. B. Suppositorien), ausreichende Flüssigkeit und eine verlässliche Nachbereitung inklusive Hautpflege und Wäschelogistik.
ISK oder Dauerkatheter – was ist im Alltag praktischer?
Das hängt von Handfunktion, Umfeld und Infektrisiko ab. ISK ermöglicht mehr Kontinenz und Körpergefühl, erfordert jedoch Planung und Motorik; Dauerkatheter spart Handgriffe, braucht konsequente Pflege.
Wie sichere ich Transfers, wenn die Handfunktion eingeschränkt ist?
Setzen Sie auf Rutschbrett, Handschienen/Griffverstärker und ggf. Lifter. Schulen Sie feste Schrittfolgen und räumen Sie Hindernisse konsequent aus dem Weg.
Brauche ich bei Tetraplegie immer einen Elektrorollstuhl?
Meist ja, um Reichweite, Sicherheit und Energiehaushalt zu verbessern. Spezialsteuerungen (z. B. Kinn) und druckentlastende Sitzsysteme sind zentral.
Welche Matratze ist bei Dekubitusrisiko sinnvoll?
Ein individuell angepasstes Antidekubitus-System (Schaum, Gel oder Wechseldruck) mit klaren Lagerungsintervallen. Einstellung und regelmäßige Kontrolle sind wichtiger als das Material allein.
Wie dokumentiere ich Begutachtungsrelevantes am besten?
Mit einer Wochenübersicht: Maßnahme, Häufigkeit, Netto-Zeit, Hilfsmittel, Personenbedarf, Risiken. Nächte gesondert ausweisen.
Wann ist eine 24-Stunden-Assistenz sinnvoll?
Bei hohen Tetraplegien, Atem-/Sekretrisiken, häufigen nächtlichen Maßnahmen oder Gefahr autonomer Dysreflexie. Dokumentieren Sie Auslöser und Notfallwege.
Kann ein Stehtrainer den Blutdruck stabilisieren?
Ja, oft. Beginnen Sie jedoch langsam, mit Kompressionshilfen/Bauchgurt und Überwachung. Ziele und Toleranzwerte mit Fachpersonal festlegen.
Welche Umbauten im Bad bringen den größten Effekt?
Bodengleiche Dusche, klappbare Haltegriffe, Duschstuhl und ausreichend Platz für Transfer. Ein Dusch-WC erleichtert Intimhygiene und spart Assistenzzeit.
Wie plane ich Material für ISK oder Stoma?
Ermitteln Sie Tages-/Wochenmengen plus Reserve für Reisen/Infekte. Lagern Sie trocken, zugänglich, mit klarem FIFO-Prinzip; Entsorgung sicherstellen.
Wie nutze ich Entlastungsbetrag, Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege?
Entlastungsbetrag für Haushalt/Betreuung, Verhinderungspflege für Auszeiten der Hauptpflegeperson, Kurzzeitpflege für Übergänge. Früh buchen und Nachweise bereithalten.
Was tun gegen neuropathische Schmerzen im Alltag?
Tagesstruktur, Schonung von Druckpunkten, Wärme/Kälte, achtsame Bewegung/Dehnung und ein realistisch dosierter Aktivitätsplan. Medizinische Behandlung ergänzend.
Sind Smart-Home-Lösungen verlässlich genug?
Ja, wenn Sie Redundanz einplanen: mechanische Alternativen, Batteriepuffer, Notfallklingel. Steuerungen an Ihre Motorik anpassen.
Wie argumentiere ich den Bedarf an einem Deckenlifter?
Mit Sicherheit, Verletzungsprävention und Zeitersparnis: konstante Transferqualität, weniger Stürze, geringere physische Belastung für Helfende, verlässliche Nachttransfers.
Was gilt bei autonomer Dysreflexie?
Auslöser identifizieren und beheben (volle Blase/Darm, Druckstellen, eingeklemmte Kleidung), Blutdruck prüfen, Oberkörper aufrichten, Notfallkette aktivieren. Prävention durch konsequentes Blasen-/Darmmanagement.
Hilft ein Handbike bei Paraplegie?
Ja, es erweitert Radien, stärkt Kreislauf und Schultergürtel. Achten Sie auf Schulterprotektion und passende Sitz-/Kurbelgeometrie.
Wie beuge ich Schulterüberlastung vor?
Gute Sitz-/Greifhöhen, angepasster Rollstuhl, Zusatzantriebe, saubere Transfertechnik und regelmäßige Kräftigung/Dehnung des Schultergürtels.
Welche Nachweise stützen den Pflegegrad am stärksten?
Zeitprotokolle, Reha-/Therapieberichte, Fotodokumentation von Lagerungen/Hautstatus (mit Einwilligung), Verordnungen, Dienstpläne und Notfallprotokolle.
Was tun, wenn der beantragte Pflegegrad zu niedrig ausfällt?
Innerhalb der Fristen Widerspruch begründen: neue Nachweise, präzisierte Zeitprotokolle, ärztliche Stellungnahmen, ggf. Unterstützung durch Pflegeberatung oder Sozialdienst.
Fazit
Querschnittlähmung erfordert eine strukturierte Assistenz, konsequente Prophylaxen und eine kluge Nutzung von Leistungsbudgets. Wer Transfers standardisiert, Lagerungen dokumentiert und ein verlässliches Blasen-/Darmmanagement etabliert, reduziert Risiken und gewinnt Autonomie. Hilfsmittel und Wohnraumanpassung sollten entlang Ihrer Ziele geplant werden: erst Sicherheit und Druckentlastung, dann Mobilität, schließlich digitale Assistenz – mit Redundanzen für Strom- oder Personalausfälle. In der Begutachtung zählt das realistische Zeit- und Risikobild mehr als jede Diagnoseformel. Führen Sie Maßnahmen, Frequenzen und Netto-Zeiten transparent, einschließlich nächtlicher Abläufe. Kombinieren Sie Pflegegeld, Sachleistungen und Entlastungsangebote passgenau und denken Sie an Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege sowie den Wohnumfeld-Zuschuss. So entsteht eine verlässliche, ökonomische Versorgung, die Selbstständigkeit stärkt und die Teilhabe im Alltag sichert – heute und langfristig.
Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine ärztliche Beratung. Lassen Sie sich von Ihrem Behandlungsteam, der Pflegeberatung und dem Reha-Fachhandel individuell begleiten.


