Notfall: Bei Verdacht auf Schlaganfall sofort 112 rufen.
Nach der Akutbehandlung beginnt für Betroffene und Angehörige die eigentliche Aufgabenkette: Rehabilitation planen, den Alltag neu strukturieren und Pflege organisieren. Die ersten Wochen bestimmen die Weichen. Frühreha, Anschlussheilbehandlung und ambulante Therapien verfolgen das gemeinsame Ziel, Funktionen zurückzugewinnen, Komplikationen zu vermeiden und Selbstständigkeit zu sichern. Parallel gilt es, Hilfsmittel zu verordnen, Wohnraum anzupassen und Sturz- sowie Aspirationsrisiken zu senken. Wer strukturiert vorgeht, gewinnt Zeit, Energie und Qualität im Tagesablauf.
Ebenso wichtig ist ein klarer Plan für den Pflegegrad, denn daraus ergeben sich Leistungen für Unterstützung zu Hause, Kurzzeitpflege oder teilstationäre Angebote. Ein vollständiger Antrag mit Pflegetagebuch, Therapie- und Reha-Berichten, Medikamentenliste und Nachweisen zum Nachtbedarf erhöht die Treffgenauigkeit der Begutachtung. In diesem Ratgeber finden Sie praxisnahe Checklisten, konkrete Reha-Ziele, typische Einschränkungen im NBA-System und eine Orientierung, wie Sie Leistungen sinnvoll kombinieren, um Entlastung zu schaffen.
Folgen & Reha-Ziele
Nach einem Schlaganfall unterscheiden sich die Defizite stark, doch die Reha folgt immer denselben Prinzipien: frühe Mobilisierung, Komplikationsprophylaxe, intensives, wiederholtes Training und alltagsnahe Zielvereinbarungen. Körperliche, sprachliche und kognitive Bereiche werden integriert behandelt, denn Fortschritte in einem Bereich bedingen oft Verbesserungen im anderen. Wichtig sind klare Wochenziele, die Sie mit dem Reha-Team schriftlich festhalten: Was soll bis zur Entlassung möglich sein, was innerhalb von drei Monaten, was langfristig? Ein realistischer Plan beugt Frustration vor und schafft Motivation.
Motorik, Spastik, Sensibilität
Motorische Einschränkungen reichen von leichter Feinmotorikstörung bis zur Hemiparese. Physiotherapie nutzt evidenzbasierte Konzepte wie aufgabenspezifisches, repetitives Training, Laufband- oder Robotik-Assistenz und alltagsorientiertes Üben (z. B. sich anziehen, kochen, Treppensteigen). Ziel ist nicht „schöne“ Bewegung, sondern sichere, effiziente Funktion im Alltag.
Spastik entsteht durch gestörte Muskelsteuerung und kann Schmerzen, Fehlstellungen oder Hautschäden verursachen. Behandelt wird multimodal: konsequente Lagerung, Dehnprogramme, Tonus-modulierende Physiotherapie, funktionelle Elektrostimulation und, falls nötig, ärztliche Medikation oder Botulinumtoxin-Injektionen. Orthesen können Hand, Sprunggelenk oder Knie stabilisieren. Entscheidend ist, Spastik-Trigger (Schmerzen, volle Blase, Druckstellen) zu erkennen und zu reduzieren.
Sensible Defizite (Taubheitsgefühl, Fehlwahrnehmungen, Temperatur- oder Schmerzstörungen) beeinträchtigen Sicherheit und Feinmotorik. Therapie kombiniert sensorische Stimulation, Spiegeltherapie, Taktil-Kinästhetik und alltagsnahes Training: Thermobeutel prüfen, Heißgeräte markieren, Handschuhe beim Kochen. Schulungen zur Verletzungsprophylaxe gehören dazu, da fehlendes Schmerzfeedback Verletzungen begünstigt.
Sprache (Aphasie), Kognition, Emotion
Aphasien betreffen Verstehen, Sprechen, Lesen, Schreiben. Logopädie trainiert sprachsystematisch und alltagsbezogen: Schlüsselwörter, Satzbau, situationsbezogene Phrasen (Telefon, Arztgespräch, Einkauf). Unterstützte Kommunikation (Bildkarten, Apps, Schreibtafeln) überbrückt Lücken und entlastet Gespräche. Wichtig ist, Pausen zuzulassen, geschlossene Fragen zu nutzen und Blickkontakt zu halten.
Kognitive Beeinträchtigungen betreffen Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen. Neuropsychologie und Ergo-Therapie arbeiten mit strukturierendem Tagesplan, Reizdosierung, Gedächtnisnotizen, visuellen Checklisten und Fehlerkontroll-Strategien. Fatigue ist häufig: kurze, regelmäßige Einheiten helfen mehr als Marathon-Übungen.
Emotionale Folgen wie Depression, Angst oder Reizbarkeit sind keine „Willensschwäche“, sondern neurologische Konsequenzen. Psychologische Begleitung, Angehörigenberatung und ggf. Medikation verbessern Lebensqualität, Therapietreue und Reha-Erfolg. Ein fester Wochenrhythmus (Therapie, Ruhefenster, soziale Aktivität) stabilisiert den Verlauf.
Neglect, Sehen, Schlucken (Dysphagie)
Beim Neglect wird die betroffene Seite „ignoriert“. Therapie nutzt gezielte Reizsetzung, Spiegel, visuelle Marker und Positionierung: Uhr, Telefon, Wasser auf die betroffene Seite stellen, damit die Aufmerksamkeit gelenkt wird. Angehörige unterstützen, indem sie auf der betroffenen Seite sitzen und Ansprachen von dort beginnen.
Sehstörungen reichen von Gesichtsfelddefekten bis zu Doppelbildern. Augenärztliche Abklärung und Seh-Therapie (Kompensationsstrategien, Prismengläser, Sakkadentraining) reduzieren Unsicherheit und Sturzrisiko. Kontrastreiche Markierungen, gute Beleuchtung und klare Wege sind Teil der Wohnraumanpassung.
Dysphagie erhöht das Aspirations- und Pneumonie-Risiko. Logopädie schult sichere Haltungs- und Schlucktechniken, geeignete Konsistenzen und das Management von Speichel, Husten und Räuspern. Flüssigkeiten können, wenn verordnet, angedickt werden; Kostformen werden individuell festgelegt. Essenssituationen sollten ruhig, aufrecht und überwacht erfolgen. Anzeichen für Probleme: Husten beim Essen, „nasse“ Stimme, Fieber unklarer Ursache, Gewichtsverlust. Mündliche und schriftliche Anleitungen gehören in den Pflegeplan.
Alltag & Pflegeorganisation
Der Übergang von Klinik zu Hause ist anspruchsvoll. Gute Vorbereitung startet auf der Station: Entlassbrief, Rezepte, Therapie-Verordnungen, Hilfsmittelcheck, häusliches Umfeld und Pflegebedarf klären. Vereinbaren Sie frühzeitig Termine für Hausarzt, Neurologie, Therapie und ggf. Pflegedienst. Ein Wochenplan schafft Verbindlichkeit, verhindert Überforderung und hält Platz für Erholung. Sicherheit hat Vorrang: Sturz-, Dekubitus- und Aspirationsprophylaxe werden schriftlich festgehalten und von allen Beteiligten verstanden.
Transfers, Lagerung, Kontraktur-/Dekubitusprophylaxe
Sichere Transfers sind Dreh- und Angelpunkt. Techniken wie „Stand-Pivot“, Rutschbrett oder Gleitmatte werden mit Ergo-/Physiotherapie geübt. Der Rollstuhl wird auf Sitzhöhe eingestellt, Bremsen und Fußstützen korrekt genutzt. Bei Hemiparese wird die betroffene Seite aktiv einbezogen, um Vernachlässigung zu vermeiden. Angehörige sollten rückenschonende Hebe- und Lagerungstechniken erlernen, um sich selbst zu schützen.
Lagerungspläne mit klaren Wechselintervallen beugen Dekubitus vor. Kissen unterstützen Schulter, Hüfte und Knie, um Druck und Spastik zu reduzieren. Kontrakturprophylaxe umfasst Dehnen, funktionelle Positionierungen, regelmäßiges Durchbewegen und korrekt angelegte Orthesen. Hautkontrollen und Flüssigkeitszufuhr sind tägliche Routine. Dokumentieren Sie Auffälligkeiten mit Datum, Foto und Maßnahme.
Ernährung, Dysphagie-Management, Sicherheit
Das Dysphagie-Management ist ein Teamauftrag. Logopädische Empfehlungen zu Konsistenzen, Haltungsstrategien und Esshilfen gehören in den Pflegeplan. Vor jeder Mahlzeit aufrechte Position sichern, nach dem Essen mindestens 20–30 Minuten aufrecht bleiben. Tabletten nur in geeigneter Form verabreichen; Zerkleinern oder Andicken ausschließlich nach ärztlich-logopädischer Rücksprache. Mundhygiene ist Aspirationsprophylaxe: Zähne und Mundraum werden mindestens zweimal täglich gereinigt.
Sicherheitsaspekte betreffen Küche, Bad, Schlafzimmer und Flure: lose Teppiche entfernen, Kanten markieren, rutschfeste Beläge einsetzen, ausreichende Beleuchtung schaffen. Rauch- und Herdwächter sowie Türsensoren können beruhigen. Sturzprotokolle und ein klarer Meldeweg (Hausarzt, Reha-Team) helfen, Ursachen zu finden und Maßnahmen anzupassen.
Kommunikation und kognitive Strategien
Aphasiefreundliche Kommunikation folgt einfachen Regeln: langsam sprechen, kurze Sätze, Ja/Nein-Fragen, Piktogramme oder Schrift ergänzen, genügend Zeit lassen. Gesprächsziele vorher festlegen, störende Geräusche reduzieren. Übungshefte, Apps oder Bildkarten unterstützen das Training zu Hause.
Kognitive Strategien strukturieren den Tag: ein zentraler Kalender, To-do-Listen, Timer, klare Routinen und Pausenfenster. Fatigue wird ernst genommen; Aktivitäten werden gebündelt und mit Erholung abgewechselt. Angehörige achten auf Reizüberflutung und signalisieren Pausen. Bei Aufmerksamkeitsproblemen helfen Checklisten („Schlüssel, Handy, Notfallknopf“), visuelle Marker und feste Ablagen.
NBA-Module – Schlaganfalltypische Einschränkungen
| NBA-Modul | Typische Einschränkungen nach Schlaganfall | Beispiele für Nachweise/Belege | Hinweise für Begutachtung |
| 1. Mobilität | Unsicheres Gehen, Treppenangst, Transfers nur mit Hilfe, Rollstuhl nötig, Hemiparese, Spastik | Physio-Berichte, 10-m-Gehtest, Timed-Up-and-Go, Sturzprotokoll, Foto von Hilfsmitteln | Transfers demonstrieren lassen; Tagesform und Fatigue angeben; Hilfsmittel im Einsatz vorzeigen |
| 2. Kognitive/kommunikative Fähigkeiten | Aphasie, Verstehensprobleme, Konzentrationsmangel, Orientierungsstörungen | Logopädie-Befunde, Neuropsychologie, Kommunikationsmappe, Sprachtests | Gespräche in ruhiger Umgebung; Nachfragen zulassen; Unterstützte Kommunikation bereitstellen |
| 3. Verhaltensweisen/psychische Problemlagen | Antriebsmangel, Reizbarkeit, Angst, Depressivität, Weglauftendenz bei Desorientierung | Psychologie-Berichte, Pflegetagebuch, Medikamentenplan | Trigger dokumentieren; Strukturplan beilegen; Belastbarkeit realistisch schildern |
| 4. Selbstversorgung | An-/Auskleiden, Körperpflege, Duschen/Bad, Essen/Trinken nur mit Hilfen | Ergo-Berichte, Fotos von Umbauten, Pflegeplan, Hilfsmittelverordnung | Einzelne Teilschritte bewerten lassen; Zeitbedarf in Minuten notieren |
| 5. Krankheits-/Therapiebedingte Anforderungen | Dysphagie-Management, Medikamentengabe, Blutdruck/Blutzucker, Wundversorgung, Orthesenmanagement | Logopädie-Plan, Pflegeprotokolle, Arztbriefe, Therapiekalender | Komplexität und Häufigkeit betonen; Nachtbedarf gesondert aufführen |
| 6. Alltagsleben & soziale Kontakte | Tagesstruktur nur mit Anleitung, Rückzug, Kommunikationshemmnisse | Wochenplan, Teilnahme an Gruppen, Angehörigenbericht | Teilhabe-Hürden beschreiben; Fahrdienste, Begleitung und Betreuungszeiten notieren |
Hilfsmittel & Wohnraumanpassung
Hilfsmittel sichern Selbstständigkeit, reduzieren Pflegeaufwand und beugen Stürzen vor. Verordnung, Anprobe und Training sollten eng mit Physio-/Ergotherapie abgestimmt sein. Wohnraumanpassungen – von Haltegriffen bis zu Türverbreiterungen – erhöhen Sicherheit und ermöglichen zu Hause zu bleiben. Prüfen Sie parallel Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege. Eine strukturierte Erprobung mit Protokoll hilft, das passende Produkt zu finden und Folgekosten zu vermeiden.
Geh- und Transferhilfen, Orthesen
Je nach Gangbild kommen Gehstock, Unterarmgehstützen, Rollator oder Rollstuhl in Frage. Wichtig sind richtige Höhe, Bremsen und Sturzprävention. Für Fußheberschwäche bieten sich Unterschenkelorthesen (AFO) oder funktionelle Elektrostimulation an. Hand-/Daumen-Schienen stabilisieren Greiffunktion und beugen Kontrakturen vor. Transferhilfen wie Rutschbrett, Drehscheibe, Gleitmatte oder Aufstehhilfen entlasten Angehörige. Schulung und regelmäßige Anpassung gehören dazu, denn Bedürfnisse ändern sich mit dem Reha-Fortschritt.
Dusch-/Toilettenhilfen, Greif-/Esshilfen
Bäder werden mit Duschhocker, Haltegriffen, rutschhemmenden Belägen und ggf. bodengleicher Dusche sicher. Eine Toilettensitzerhöhung, Aufstehhilfe, klappbare Haltegriffe oder ein Bidetaufsatz erhöhen Selbstständigkeit. In der Küche unterstützen Greifzangen, Antirutsch-Matten, Ein-Hand-Bretter, Messer mit Winkelschliff, Becher mit Nasenausschnitt und Besteck mit verdickten Griffen. Entscheidend ist, die Hilfen im Alltag wirklich zu nutzen – also alltagsnah üben und erreichbare Ziele festlegen.
Hausnotruf, Sturzsensorik
Ein Hausnotrufsystem verschafft Sicherheit, besonders bei Alleinbleiben oder nächtlichem Toilettengang. Tragbare Funkknöpfe, Armbänder oder Sturzsensoren lösen Alarm aus. Türeinlass-Lösungen, Rauch- und Herdwächter ergänzen das Paket. Die Pflegekasse kann die Grundausstattung als Pflegehilfsmittel fördern; sprechen Sie mit Ihrer Kasse. Eine kurze Erprobungsphase und klare Alarmketten vermeiden Fehlalarme und erhöhen Akzeptanz.
Hilfsmittel bei Schlaganfall
| Hilfsmittel | Zweck/Einsatz | Verordnung durch | Kostenträger (typisch) | Hinweise |
| Rollator mit Rückengurt | Sicheres Gehen, Pausenmöglichkeit | Haus-/Facharzt | GKV | Höhe einstellen, Bremsen prüfen, Stolperfallen entfernen |
| Leichter Faltrollstuhl | Mobilität innen/außen | Arzt, Reha-Klinik | GKV | Sitzbreite/-tiefe anpassen, Antikipper montieren |
| Aktivrollstuhl | Eigenständige Mobilität | Facharzt | GKV | Nur bei ausreichender Armfunktion; intensive Einweisung |
| Rutschbrett/Gleitmatte | Transfer Bett–Stuhl/WC | Ergo/Arzt | GKV/Pflegekasse | Schulung von Angehörigen, Hautschutz beachten |
| Drehscheibe/Transferhilfe | Stand-Pivot-Transfers | Physio/Arzt | GKV/Pflegekasse | Nur mit Anleitung nutzen |
| Patientenlifter | Heben ohne Eigenkraft | Arzt | Pflegekasse/GKV | Raum und Stromversorgung prüfen; Gurtauswahl wichtig |
| Bett mit Aufrichthilfe | Lagerung, Dekubitusprophylaxe | Arzt | Pflegekasse | Matratze passend wählen; Höhenverstellung nutzen |
| Antidekubitus-Matratze | Druckentlastung | Arzt | Pflegekasse | Umlagerungsplan bleibt erforderlich |
| AFO-Orthese | Fußhebung stabilisieren | Facharzt/Orthopädie | GKV | Regelmäßige Anpassung, Hautkontrolle |
| Hand-/Daumenschiene | Greiffunktion/Spastik | Arzt/Ergo | GKV | Tragezeiten planvoll steigern |
| Duschhocker/-stuhl | Sturzprophylaxe Bad | Arzt | Pflegekasse | Rutschschutz und Griffposition prüfen |
| Haltegriffe/Toilettenstützen | Aufstehen/Setzen | — | Pflegekasse/Zuschuss | Fachgerechter Einbau, Tragfähigkeit beachten |
| Toilettensitzerhöhung | leichteres Aufstehen | Arzt | Pflegekasse | Sitzhöhe auf Kniehöhe abstimmen |
| Greifzange/Anziehhilfen | Einhändige Selbstversorgung | Arzt/Ergo | Pflegekasse | Mit Alltag trainieren |
| Ein-Hand-Brett/Besteck | Selbstständiges Essen | Arzt/Ergo | Pflegekasse | Passende Griffstärken wählen |
| Hausnotruf | Notfallmeldung | — | Pflegekasse | Einweisung aller Angehörigen, Probealarm |
| Herdwächter/Rauchmelder | Brandschutz | — | Eigenmittel/Programme | Installation durch Fachbetrieb |
| Rampe/Türverbreiterung | Barrierefreiheit | — | Zuschuss wohnumfeldverbessernde Maßnahmen | Vorab Kostenvoranschlag einholen |
Pflegegrad & Leistungen
Der Pflegegrad ist die Grundlage für finanzielle Unterstützung und Sachleistungen. Maßgeblich ist, wie selbstständig Sie Alltagsaktivitäten bewältigen – bewertet anhand der NBA-Module. Beantragen Sie den Pflegegrad früh und reichen Sie vollständige Unterlagen ein. Daraus ergeben sich Optionen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kombinationsleistungen, Entlastungsbetrag, teilstationäre Angebote, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder Zuschüsse für Wohnraumanpassung. Welche Kombination passt, hängt vom Reha-Fortschritt, der Familiensituation und der Tagesstruktur ab.
Antrag, Pflegetagebuch, Reha-/Therapieberichte
Rufen Sie Ihre Pflegekasse an und stellen Sie den Antrag; die Frist läuft ab Antragseingang. Führen Sie ab sofort ein Pflegetagebuch: Was gelingt nur mit Hilfe, wie viel Zeit benötigt jede Tätigkeit, wie oft treten Probleme auf – auch nachts? Fügen Sie Reha- und Therapieberichte, Medikamenten- und Hilfsmittellisten bei. Beschreiben Sie Dysphagie-Regeln, Lagerungs- und Transferbedarf, Sturzereignisse, kognitive Probleme, Fatigue und emotionale Belastungen. Je konkreter und alltagsnäher, desto besser lässt sich der Bedarf abbilden.
Der Medizinische Dienst bzw. die beauftragte Begutachtung kommt in die Häuslichkeit oder in die Einrichtung. Sie dürfen eine Person Ihres Vertrauens dabeihaben. Bitten Sie um einen Termin zu einer Tageszeit, die den typischen Einschränkungen entspricht, und halten Sie Hilfsmittel, Protokolle und Pläne bereit. Bleiben Sie bei der Darstellung realistisch – „gute Tage“ dürfen nicht die Regel vortäuschen.
Leistungen kombinieren und Entlastung planen
Pflegegeld unterstützt, wenn Angehörige (informell) pflegen. Pflegesachleistungen finanzieren einen ambulanten Pflegedienst. Beide lassen sich als Kombinationsleistung anteilig verbinden. Der Entlastungsbetrag kann für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag genutzt werden, etwa Betreuungsgruppen, haushaltsnahe Dienste oder Alltagsbegleitung. Ergänzend stehen Tages-/Nachtpflege, teilstationäre Betreuung und Pflegekurse zur Verfügung.
Zur kurzfristigen Entlastung dient Verhinderungspflege, wenn die Pflegeperson ausfällt. Diese lässt sich mit Kurzzeitpflege kombinieren, um Phasen höherer Belastung, Reha-Lücken oder Krankenhaus-Nachbehandlung abzufedern. Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel gibt es eine monatliche Pauschale; prüfen Sie, welche Einmalhandschuhe, Betteinlagen oder Desinfektionsmittel sinnvoll sind. Klären Sie auch Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – etwa Türverbreiterung, Rampe, ebenerdige Dusche oder Treppensteighilfe.
Kurzzeitpflege nach Klinikentlassung
Kurzzeitpflege überbrückt die Zeit bis zur häuslichen Versorgung oder einer Reha. Suchen Sie früh nach einem Platz und fragen Sie nach Einrichtungen mit neurologischer Expertise. Klären Sie Transport, Medikamentenplan, Hilfsmittelmitnahme und Therapieangebote vor Ort. Notieren Sie Kontaktpersonen, Besuchszeiten und Kommunikationsregeln. Halten Sie den Entlassbrief bereit und sorgen Sie dafür, dass Dysphagie- und Lagerungsanweisungen schriftlich vorliegen. Prüfen Sie, ob die Pflegekasse Kosten anteilig übernimmt und wie Eigenanteile ausfallen. Ziel ist stets die Rückkehr in die passende Versorgungsform.
Begutachtung realistisch gestalten
Die Begutachtung bildet Ihren Alltag, nicht Ihre maximalen Spitzenleistungen ab. Deshalb zählen typische Tagesabläufe, Pausenbedarfe, nächtliche Anforderungen und die Sicherheit bei Routineaufgaben. Bereiten Sie eine Mappe vor: Pflegetagebuch, Sturz- und Nachtprotokolle, Medikamentenplan, Therapie- und Arztberichte, Hilfsmittelliste, Lagerungs- und Dysphagie-Plan. Legen Sie fest, was demonstriert werden kann, aber erzwingen Sie keine Risiken. Ihr Ziel ist eine zutreffende, faire Einstufung.
Tagesform und Fatigue berücksichtigen
Schlaganfall-Fatigue schwankt. Legen Sie den Termin möglichst auf die übliche Schwachstelle des Tages, wenn diese den Bedarf realistischer abbildet. Dokumentieren Sie, wie lange konzentriertes Arbeiten möglich ist, wie viele Pausen nötig sind und wie sich Überlastung zeigt (z. B. Wortfindungsstörungen, vermehrte Spastik, Unsicherheit). Halten Sie fest, welche Tätigkeiten nur mit Anleitung gelingen. Weisen Sie auf Folgeschäden nach Stürzen oder Infekten hin, die Leistungsfähigkeit weiter reduzieren können.
Kommunikative Barrieren und Dolmetschoptionen
Bei Aphasie, Hör- oder Sehproblemen melden Sie rechtzeitig Unterstützungsbedarf an. Legen Sie Kommunikationshilfen bereit: Bildkarten, Ja/Nein-Karten, Schreibtafel, Brille, Hörsystem. Bitten Sie um eine ruhige Umgebung ohne Störungen. Wenn Deutsch nicht Muttersprache ist, klären Sie, ob Dolmetschleistungen organisiert werden können, und melden Sie dies frühzeitig. Protokollieren Sie, wenn Inhalte wegen Sprach- oder Verständnishürden nicht erfasst werden konnten. Ziel ist, Missverständnisse zu vermeiden und Ressourcen fair zu beurteilen.
Nachtbedarf und Sturzereignisse belegen
Nächtliche Toilettengänge, Umlagerungen, Hustenattacken bei Dysphagie oder Orientierungslosigkeit erfordern Hilfe. Führen Sie ein Nachtprotokoll mit Uhrzeit, Anlass, Dauer und eingesetzten Maßnahmen. Notieren Sie Sturzereignisse mit Datum, Situation, Konsequenzen und Anpassungen (neue Hilfsmittel, Umbauten, Training). Legen Sie Fotos von relevanten Umbauten oder Hilfsmitteln bei. Diese Belege machen den Bedarf objektiv nachvollziehbar und verhindern, dass wichtige Aspekte unberücksichtigt bleiben.
FAQ – Schlaganfall & Pflege
Wie schnell sollte Reha nach dem Schlaganfall starten?
So früh wie medizinisch möglich. Frühmobilisation und gezieltes Training verbessern die Erholung und verhindern Komplikationen.
Was ist der Unterschied zwischen Frühreha und Anschlussheilbehandlung?
Frühreha beginnt im Akutkrankenhaus, die Anschlussheilbehandlung folgt stationär oder ambulant mit klaren Funktionszielen.
Wann ist ein Rollstuhl sinnvoll, wenn ich „noch laufen kann“?
Wenn Sicherheit oder Ausdauer begrenzt sind. Der Rollstuhl ergänzt, statt zu ersetzen, und erweitert den Aktionsradius.
Was hilft gegen Spastik im Alltag?
Regelmäßige Lagerung, Dehnen, funktionelle Übungen, Schmerz- und Triggerkontrolle sowie ggf. ärztliche Medikation oder Botulinumtoxin.
Wie organisiere ich das Dysphagie-Management zu Hause?
Logopädische Anleitung umsetzen, Aufrichtung sichern, Konsistenzen einhalten, Mundhygiene durchführen und Anzeichen für Aspiration beobachten.
Brauche ich für Hilfsmittel immer ein Rezept?
Für medizinische Hilfsmittel ja; Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege können über die Pflegekasse laufen. Lassen Sie sich beraten.
Welche Wohnraumanpassungen werden gefördert?
Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen sind möglich, etwa für Dusche, Rampe oder Türverbreiterung. Vorher Kostenvoranschläge einholen.
Was ist das Pflegetagebuch und warum ist es wichtig?
Es dokumentiert tägliche Hilfebedarfe realitätsnah und unterstützt eine passende Pflegegrad-Einstufung.
Kann ich Pflegegeld und Pflegedienst kombinieren?
Ja, über die Kombinationsleistung. Der Anteil richtet sich nach dem Umfang der Pflegesachleistungen.
Wofür kann ich den Entlastungsbetrag nutzen?
Für anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag wie Betreuung, haushaltsnahe Hilfen oder Alltagsbegleitung – abhängig von Landesregelungen.
Was, wenn sich mein Zustand verbessert oder verschlechtert?
Sie können eine Höher- oder Wiederholungsbegutachtung beantragen. Dokumentieren Sie Veränderungen und reichen Sie aktuelle Berichte ein.
Wie sichere ich mich gegen Stürze ab?
Wohnraum anpassen, Hilfsmittel korrekt nutzen, Kraft und Gleichgewicht trainieren, Medikamente prüfen und Sturzprotokolle führen.
Helfen Apps bei Aphasie?
Ja, als Ergänzung zur Logopädie. Wählen Sie alltagsnahe Übungen und nutzen Sie sie regelmäßig, aber dosiert.
Wer schult Angehörige in Pflege und Transfers?
Ambulante Dienste, Reha-Teams und Pflegekassen bieten Pflegekurse und praktische Einweisungen an.
Was ist Kurzzeitpflege und wann sinnvoll?
Zeitlich begrenzte stationäre Pflege, z. B. nach Klinikentlassung, bei Reha-Lücken oder zur Entlastung. Frühzeitig Plätze anfragen.
Wie plane ich Therapien, ohne zu überfordern?
Kürzere Einheiten, klare Pausen, feste Wochenstruktur. Qualität vor Menge – und Fortschritte regelmäßig evaluieren.
Muss ich bei der Begutachtung etwas vormachen?
Nur Sicheres und Alltagstypisches. Zwingen Sie keine riskanten Situationen herbei; beschreiben Sie realistisch den Bedarf.
Was tun bei nächtlichem Husten und „nasser“ Stimme?
Dysphagie-Plan prüfen, aufrechte Lagerung, Mundhygiene, ärztliche Abklärung. Bei Fieber oder Verschlechterung handeln.
Gibt es Unterstützung für Fahrten zu Therapien?
Je nach Verordnung und Kasse können Fahrkosten erstattungsfähig sein. Klären Sie dies vor Beginn der Therapie.
Wie halte ich Motivation über Monate?
Mit erreichbaren Zielen, sichtbarer Erfolgskontrolle, Abwechslung, Einbindung in Alltagstätigkeiten und sozialer Unterstützung.
Fazit
Frühzeitige, konsequent koordinierte Rehabilitation, eine passgenaue Hilfsmittelversorgung und die kluge Nutzung von Leistungen bilden das Fundament für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben nach dem Schlaganfall. Entscheidend ist, dass Therapieziele alltagsnah formuliert, regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Ein vollständiger Pflegegrad-Antrag mit Pflegetagebuch, Therapie- und Reha-Nachweisen sowie klaren Protokollen zu Nachtbedarf und Sturzereignissen verbessert die Chance auf eine faire Einstufung. Wohnraumanpassungen, Schulungen für Angehörige und verlässliche Entlastungsangebote schützen Gesundheit und Ressourcen aller Beteiligten. Wer die Pfade aus Reha, Alltag und Pflege miteinander verknüpft und Schritt für Schritt vorgeht, schafft Stabilität – und hält Türen für weitere Fortschritte offen.


