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Tracheostoma: Pflege, Sicherheit, Hilfsmittel & Leistungen

Ein Tracheostoma ist eine operativ geschaffene Öffnung in der Luftröhre (Trachea), durch die die Atmung über den Hals erfolgt. Das kann vorübergehend oder dauerhaft notwendig sein – etwa nach Operationen, bei neuromuskulären Erkrankungen, nach einer Laryngektomie oder zur langfristigen Beatmung. Damit der Alltag sicher gelingt, braucht es klare Routinen: Befeuchtung der Atemluft, konsequente Hygiene, rechtzeitiges Absaugen und den geübten Umgang mit Kanülen, Filtern und Sprechventilen. Dieser Ratgeber führt Sie Schritt für Schritt durch die Versorgung – vom Verbandwechsel bis zu dringenden Notfallmaßnahmen.

Ebenso wichtig sind die organisatorischen Themen: Welche Hilfsmittel stehen zu, wie wird ein Notfallset zusammengestellt, wie sichern Sie sich bei Reise und Stromausfall ab, und wie beantragen Sie einen Pflegegrad? Wir erklären die Abgrenzung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) und der Pflegeversicherung (SGB XI), was zuzahlungsfrei ist und wo Eigenanteile entstehen. Sie finden außerdem Hinweise zur außerklinischen Intensivpflege (AKI) bei invasiver Beatmung. Hinweis: Die Inhalte sind sorgfältig geprüft, ersetzen aber keine individuelle ärztliche Anleitung. Stimmen Sie Ihre Versorgung immer mit Ihrem Behandlungsteam ab.

Grundlagen & Alltag

Eine sichere Tracheostomaversorgung beginnt mit dem Verständnis der medizinischen Gründe und der Technik: Welche Stomaarten gibt es, wie beeinflusst das Tracheostoma Atmung und Schleimhautfunktion, und welche Hilfsmittel kompensieren diese Veränderungen? Im Alltag kommt es vor allem auf gut befeuchtete Atemluft, schonendes Sekretmanagement und verlässliche Kommunikation an. Sprechventile, Logopädie und – wo nötig – Schlucktherapie helfen, Stimme und Ernährung zu stabilisieren. Gleichzeitig ist es entscheidend, Infektionsrisiken zu senken, die Haut am Stoma zu schützen und Notfallabläufe einzutrainieren. Dieses Kapitel legt das Fundament für die praktische Versorgung.

Indikationen und Stomaarten

Ein Tracheostoma wird aus unterschiedlichen Gründen angelegt: zur Atemwegssicherung nach Unfällen oder Operationen, bei chronischen Atemwegserkrankungen, neuromuskulären Erkrankungen mit Sekretstau, bei Tumorerkrankungen des Kehlkopfs oder zur längerfristigen Beatmung. Man unterscheidet vorübergehende Tracheotomien (meist mit Erhalt des Kehlkopfes) von dauerhaften Stomata, etwa nach kompletter Entfernung des Kehlkopfs (Laryngektomie).

Die Kanüle kann geblockt (mit Cuff) oder ungeblockt sein, einlumi­nig oder mit Innenkanüle (doppellumig), glatt oder fenestriert (mit Öffnung für Stimmgebung). Das „mature“ Stoma ist ein verheilter, stabiler Kanal zwischen Haut und Trachea; bis dahin ist besondere Vorsicht bei Kanülenwechsel und Fixierung geboten. Welche Kombination für Sie passt, entscheidet das Behandlungsteam nach Atemwegssituation, Schluckfunktion, Beatmungsbedarf, Kommunikationszielen und Hautzustand.

Atmung, Befeuchtung, Sekretmanagement

Weil die Luft beim Tracheostoma nicht mehr durch Nase und Mund strömt, fehlen Erwärmung, Anfeuchtung und Filterung. Die Folge können zähes Sekret, Hustenanfälle, Verkrustungen und Infektionen sein. Ein Feuchtwärmeaustauscher (HME-Filter) ersetzt diese Funktionen im Alltag: Er speichert Wärme und Feuchtigkeit beim Ausatmen und gibt sie beim Einatmen wieder ab.

Trinken Sie ausreichend, befeuchten Sie die Luft (HME, ggf. Vernebler nach ärztlicher Anordnung) und lüften Sie regelmäßig. Sekretmanagement heißt: Husten fördern, ggf. Inhalation mit isotoner oder (nach Anordnung) hypertoner Kochsalzlösung, Sekret lösen durch Atemtherapie (z. B. PEP-Techniken nach Anleitung) und nur bei Bedarf, kurz und schonend absaugen. Achten Sie auf Warnzeichen wie zunehmende Atemnot, pfeifende Atmung, starker Geruch des Sekrets oder Fieber – das erfordert ärztliche Abklärung.

Sprechen (Sprechventil) und Essen/Trinken

Sprechventile sind Einwegventile, die das Einatmen durch die Kanüle erlauben und den Ausatemstrom nach oben, durch Kehlkopf und Mund, leiten – damit wird Stimme möglich. Voraussetzung sind eine geeignete Kanüle (häufig ungeblockt oder mit entblocktem Cuff) und eine sichere Schluckfunktion. Ein fenestriertes System kann die Stimmgebung zusätzlich erleichtern, benötigt aber sorgfältige Anpassung.

Beim Essen und Trinken gilt: Schluckfähigkeit therapeutisch prüfen lassen, ggf. Kost anpassen (angedickte Flüssigkeiten, weiche Kost), auf aufrechte Sitzhaltung achten und ausreichend Zeit einplanen. Wer sich leichter verschluckt, profitiert häufig von Logopädie und gezielten Übungen. Manchmal ist vorübergehend oder dauerhaft eine Sondenernährung (z. B. PEG) notwendig. Eine sorgfältige Mundhygiene reduziert Keimlast und Aspirationsrisiko.

Pflege Schritt für Schritt

Routine schafft Sicherheit. Bereiten Sie jeden Arbeitsschritt vor, legen Sie Material griffbereit und halten Sie Standardabläufe ein. Händehygiene und – bei sterilen Tätigkeiten – aseptisches Vorgehen sind zentral. Dokumentieren Sie Wechsel, Besonderheiten und Beschwerden, damit Ihr Team Entwicklungen erkennt. In diesem Kapitel finden Sie praxiserprobte Schrittfolgen für Hygiene, Verband, Hautschutz, Kanülenwechsel und Absaugen – jeweils mit Sicherheitsmerkmalen und Entscheidungspunkten (z. B. „Wann abbrechen und Hilfe holen?“). Passen Sie die Abläufe an Ihre ärztlichen Vorgaben und die Kanülenart an.

Hygiene, Verbandwechsel, Hautschutz

Ziele: Saubere Umgebung, trockene Haut, keine Druckstellen, kein unangenehmer Geruch, kein Sekretstau.

Vorbereitung:
– Hände waschen/desinfizieren, Einmalhandschuhe bereitlegen.
– Material: sterile/saubere Kompressen (gespalten), Kochsalzlösung 0,9 %, ggf. Hautschutzfilm/Barrierespray, Fixierband/Platte, Abwurf.
– Patientin/Patient bequem halb sitzend lagern, Lichtquelle sichern.

Ablauf:

  1. Inspektion: Haut um das Stoma, Kanülenlage, Geruch, Sekretmenge und -farbe beurteilen. Schmerzen oder Juckreiz erfragen.
  2. Entfernen: Alte Kompressen vorsichtig lösen, verschmutztes Material entsorgen.
  3. Reinigung: Mit angefeuchteten Kompressen von innen nach außen wischen, keine aggressiven Desinfektionslösungen an die Schleimhaut. Verkrustungen ggf. mit Kochsalzlösung einweichen, nie „abkratzen“.
  4. Trocknen & Hautschutz: Haut tupfend trocknen. Hautschutzfilm dünn auf reizgefährdete Areale auftragen, Trocknungszeit beachten.
  5. Neu versorgen: Neue gespaltene Kompresse unter die Flansch legen, Falten vermeiden. Fixierung auf Druckstellen prüfen; ggf. wechseln/neu einstellen.
  6. Abschluss: Befinden prüfen, Umfeld reinigen, Dokumentation (Datum/Uhrzeit, Befund, Besonderheiten).

Frequenz: Mindestens 1× täglich und „bei Bedarf“ (nass, verschmutzt, schwitzig). Nach Anordnung ggf. öfter. Duschen ist mit Spritzschutz möglich; Baden/Schwimmen ist wegen Aspirationsgefahr tabu.

Kanülenarten und -wechsel (Prinzipien)

Kanülentypen:
Doppellumig (mit Innenkanüle): Die Innenkanüle lässt sich reinigen/tauschen – alltagspraktisch.
Einlumi­nig: Schlanker, aber Reinigung nur durch kompletten Wechsel.
Geblockt (Cuff): Dichtet ab (Beatmung/Aspirationsschutz). Cuff-Druck i. d. R. so niedrig wie möglich, so hoch wie nötig (häufig 20–30 cmH₂O – immer an ärztliche Vorgabe halten).
Ungeblockt: Mehr Komfort, leichteres Sprechen/Schlucken.
Fenestriert: Erleichtert Stimme; erfordert exakte Anlage und Kontrolle.

Wechselprinzipien (vereinfachte Standardroutine – konkrete Intervalle und Freigabe laut Verordnung):
– Wechsel geplant durchführen, möglichst zu zweit. Notfallset bereithalten (Ersatzkanüle gleiche Größe und eine Nummer kleiner, Obturator, Gleitgel, Fixierband, Schere).
Vorbereitung: Lagerung mit leicht überstrecktem Hals, Handschuhe, gute Beleuchtung. Außenhaut reinigen.
Entfernen: Fixierung lösen, alte Kanüle unter sanftem Zug entlang der Stomaausrichtung herausführen.
Einsetzen: Neue Kanüle mit Obturator und wasserlöslichem Gleitgel vorbereiten. Sanft in Richtung der Trachea vorschieben, nicht forcieren. Obturator zügig entfernen. Lage prüfen (ruhige Atmung, keine Stridorgeräusche).
Fixieren: Band/Platte anlegen, Spielraum für zwei Finger unter dem Band. Hautfalten vermeiden.
Kontrolle: Bei Cuff vorsichtig nach Vorgabe füllen und Druck messen. Sprechventil/HME erst anbringen, wenn Lage sicher ist.
Abbruchkriterien: Einführen nicht möglich, Atemnot, starke Schmerzen, Blutung – sofort Notfallalgorithmus (s. Notfälle) und Hilfe rufen.

Dokumentieren Sie Datum, Größe/Typ, Besonderheiten (z. B. zähe Sekrete, Granulationsgewebe, Druckstellen) und Cuffdruck.

Absaugen: Hinweise und Sicherheit

Indikation: Sicht-/Hörbares Sekret in der Kanüle, gurgelnde Atmung, Husten ohne effektive Räumung, abfallende Sättigung, Beatmungsalarme. Nicht „prophylaktisch“ ohne Anlass.

Grundsätze:
– Aseptische Technik; Mund- und Trachealbereich strikt trennen (eigene Katheter).
– Saugkathetergröße: Außen­durchmesser < ½ des Kanüleninnendurchmessers.
– Sogdruck moderat wählen (Erwachsene typischerweise –100 bis –150 mmHg; immer an Geräteempfehlung/Anordnung orientieren).
Vorgehen: HME/Sprechventil abnehmen. Katheter ohne Sog vorschieben, dann beim langsamen Zurückziehen Sog zuschalten und spiralförmig bewegen. Einzelzug 10–15 Sekunden nicht überschreiten.
– Bei Beatmung: Vorab nach Anordnung hyperoxygenieren, Monitor im Blick.
Kochsalzinstillation nur, wenn zäher Pfropf vorliegt und explizit angeordnet – sie kann husten- und infektionsfördernd sein.
– Nach Absaugen HME/Sprechventil korrekt wieder aufsetzen, Atemmuster prüfen, Flüssigkeit anbieten, ggf. inhalieren.

Komplikationen & Prävention: Schleimhauttrauma, Blutspuren, Hypoxie, Bronchospasmus, vagale Reaktion. Vermeiden durch kurze Züge, angemessenen Sog, richtige Größe, sanfte Technik und ausreichende Pausen.

Hilfsmittel & Versorgung

Hilfsmittel sind das Rückgrat der sicheren Versorgung – von Kanülen und HME über Absauggeräte bis zu Notfallsets. Entscheidend sind korrekte Auswahl, konsequente Pflege, rechtzeitiger Austausch und eine Lieferkette, die auch unterwegs oder bei Stromausfall trägt. Klären Sie mit Ihrem Hilfsmittelversorger, was als Regelleistung verordnet ist und welche Varianten (z. B. unterschiedliche HME-Typen für Tag/Nacht oder sportliche Aktivität) sinnvoll sind. Planen Sie Redundanzen: mindestens ein vollständiges Ersatzsystem, Verbrauchsmaterial in ausreichender Menge und klare Checklisten für Reise und Ausfall­situationen.

Kanülen, HME-Filter, Fixierungen

Kanülen: Material (z. B. Silikon, PVC, Metall) beeinflusst Komfort, Formstabilität und Reinigungsanforderungen. Doppellumige Systeme erleichtern den Alltag, weil Innenkanülen gereinigt/ausgetauscht werden können. Prüfen Sie täglich Sitz und Flansch, achten Sie auf Druckstellen und Granulationen.

HME-Filter: Es gibt Modelle für Ruhe, Aktivität und hohen Feuchtebedarf. Kriterien: Atemwiderstand, Befeuchtungsleistung, Totraum, Sprechventilkompatibilität. Wechseln Sie HME mindestens täglich oder bei Durchfeuchtung/Verschmutzung sofort. Nach Hustenstößen HME prüfen und bei Bedarf tauschen.

Fixierungen: Bänder (textil, Schaum) oder Fixierplatten (adhäsiv) müssen sicher halten, ohne die Haut zu scheuern. Fingerprobe: Zwei Finger unter das Band. Wechseln Sie nasse oder verschmutzte Fixierungen umgehend. Hautschutz unter Adhäsivflächen kann Irritationen vorbeugen.

Absauggeräte, Notfallsets

Absauggeräte: Stationäre Geräte für zu Hause bieten robuste Leistung; mobile Geräte sind leichter und akkubetrieben. Achten Sie auf regelbare Sogstärke, klare Skalen, hygienische Behälter, bakterielle Filter und Ersatzakkus. Prüfen Sie täglich die Funktionsfähigkeit, laden Sie Akkus und halten Sie die Schläuche knickfrei.

Notfallset (immer greifbar, auch unterwegs):
– Ersatzkanüle gleicher Größe und eine Nummer kleiner, jeweils mit Obturator.
– Lubrikationsgel (wasserlöslich), Splitkompressen, Schere, Fixierband.
– Einweg-Absaugkatheter in passenden Größen; tragbares Absauggerät.
– 0,9 % NaCl, sterile Handschuhe, Taschenlampe.
– Sprechventil/HME-Ersatz, ggf. Tracheadaptor für Beatmungsbeutel.
– Beatmungsbeutel (mit Stoma- und Maskenanschluss), ggf. Sauerstoff nach Verordnung.
– Kurzanleitung mit Notfallnummern und individuellen Hinweisen (z. B. „Laryngektomie: Beatmung nur über Stoma!“).

Üben Sie das Handling regelmäßig mit Angehörigen und Pflegenden.

Zubehör, Reise, Stromausfall

Zubehör: Duschschutz, Schal/Halstuch als Kälteschutz, Stomaabdeckungen gegen Staub, Kondensationsfallen/Inhalationszubehör, Manometer für Cuffdruck, Aufbewahrungsboxen.

Reise: Doppelte Materialmenge als Reserve, ärztliche Bescheinigung für Flughafen/Sicherheitskontrolle, Adapter für Strom/Steckdosen, Liste der nächstgelegenen Kliniken und Hilfsmittelversorger, transporttauglicher Notfallrucksack. Im Flugzeug trocknet die Luft – HME rechtzeitig wechseln, genug trinken.

Stromausfall: Geladene Ersatzakkus, ggf. manuelle Absaugoption, Powerbank/Notstrom, Plan mit Kontaktpersonen. Prüfen Sie, wie lange Geräte ohne Netz laufen, und dokumentieren Sie das sichtbar am Gerät.

Hilfsmittel – Tracheostoma

KategorieZweckBeispiel/TypVerordnung (SGB)Wechselintervall (typisch)Hinweise
Trachealkanüle (außen)Atemweg offen haltengeblockt/ungeblockt, fenestriertSGB V Hilfsmittelnach ärztl. Vorgabe (Wochen–Monate)Ersatzkanüle gleicher Größe + eine kleiner immer vorrätig
InnenkanüleHygiene, schnelle SanierungEinweg/MehrwegSGB V Hilfsmitteltäglich/bei VerschmutzungReinigung nach Hersteller; beschädigte sofort tauschen
HME-FilterErwärmen/Befeuchten/FilternStandard, Aktiv, NachtSGB V Hilfsmittel (Verbrauch)1× täglich bzw. bei DurchfeuchtungAtemwiderstand beachten; sofort tauschen bei Hustenstößen mit Sekret
SprechventilStimmgebungEinweg-/WiederverwendbarSGB V Hilfsmittelnach Hersteller/AnordnungNur bei geeigneter Kanüle/Schluckfunktion einsetzen
FixierungKanülenhaltBand, Platte (adhäsiv)SGB V Hilfsmittelbei Nässe/Verschmutzung, sonst 1–3 TageZwei-Finger-Regel, Hautschutz verwenden
AbsauggerätSekretentfernungstationär, mobil (Akku)SGB V HilfsmittelFilter, Schlauch, Behälter regelmäßig tauschen
AbsaugkatheterEinmalgebrauchGrößen CH 6–14SGB V Hilfsmittel (Verbrauch)pro AnwendungMund- und Trachealbereich getrennt halten
InhalationssystemSekret lösenVernebler, SchläucheSGB V Hilfsmittelnach HerstellerHygienische Aufbereitung beachten
BeatmungsbeutelNotfallbeatmungmit Stoma-/MaskenanschlussSGB V HilfsmittelHandling regelmäßig üben
Dusch-/StomaschutzSpritzschutzAbdeckung, KappeSGB V (teils Eigenanteil)je nach NutzungBaden/Schwimmen weiterhin tabu
Manometer (Cuff)Sicherheitskontrolleanalog/digitalSGB V Hilfsmittel (teils Praxis)vor/nach Füllung, regelmäßigZielbereich nach Anordnung
Pflegehilfsmittel zum VerbrauchHygiene/SchutzHandschuhe, Desinfektion, BettschutzeinlagenSGB XImonatlichPauschale (derzeit bis zu 40 €) beantragbar

Notfälle & Komplikationen

Sichere Maßnahmen im Notfall entscheiden über Minuten. Trainieren Sie die Abläufe regelmäßig, halten Sie das Notfallset griffbereit und stimmen Sie individuelle Besonderheiten mit dem Behandlungsteam ab. Unterscheiden Sie zwischen Tracheotomie (Oberer Atemweg über Mund/Nase besteht) und Laryngektomie (Atemweg ausschließlich über das Stoma). Bei Laryngektomie hilft Beatmung über Mund/Nase nicht – Sauerstoff und Beatmung erfolgen nur über das Stoma. Scheuen Sie sich nicht, frühzeitig 112 zu rufen; schildern Sie „Tracheostoma – Atemnot“, damit die Leitstelle gezielt disponiert.

Verlegung, Blutung, Dislokation – Sofortmaßnahmen

Verlegung (Verstopfung): Zeichen sind zunehmende Atemnot, pfeifende Geräusche, gurgelnder Atem, sinkende Sättigung.

  1. HME/Sprechventil abnehmen.
  2. Innenkanüle entnehmen und reinigen/tauschen.
  3. Absaugen (kurz, effektiv).
  4. Wenn keine Besserung: Kanüle wechseln (Ersatz bereit).
  5. Bei fortbestehender Atemnot/Unmöglichkeit des Einsetzens: 112 rufen, Sauerstoff nach Vorgabe geben, Notfallalgorithmus weiterführen.

Blutung: Kleine Blutspuren nach Absaugen sind möglich; anhaltende, kräftige oder pulssynchrone Blutung ist ein Notfall.
– Beruhigen, vital überwachen, Hustenreiz nicht provozieren.
– Bei geblockter Kanüle Cuff nach Anordnung moderat erhöhen (Druck beachten).
112 rufen, Ursache klären lassen.

Dislokation/versehentliches Entfernen:
– Ruhe bewahren, Position sichern.
– Wenn geübt: Ersatzkanüle gleiche Größe vorsichtig einsetzen; wenn nicht möglich, eine Nummer kleiner versuchen.
– Lässt sich keine Kanüle platzieren oder atmet die Person schlecht: 112 rufen.
Wichtig: Laryngektomie = Sauerstoff/Beatmung ausschließlich über das Stoma; Tracheotomie = ggf. zusätzlich über Mund/Nase unterstützen (nach Anleitung).

Infektionen erkennen

Lokal: Rötung, Wärme, Schmerz, übel riechendes Sekret, eitrige Beläge, übermäßige Feuchtigkeit unter der Platte/Kompressen. Maßnahmen: Häufigere Verbandswechsel, Hautschutz optimieren, Material trocken halten, ärztlich abklären.

Atemwege: Zunehmender Husten, Fieber, vermehrtes, verfärbtes Sekret, erschwerte Atmung. Risiko steigt bei unzureichender Befeuchtung, unregelmäßigem HME-Gebrauch und seltenem Materialwechsel. Früh handeln: Befeuchtung optimieren, ausreichend trinken, Inhalation/Physiotherapie prüfen lassen, ärztliche Diagnostik (Auskultation, ggf. Röntgen/Labor). Antibiotika nur nach Verordnung. Pilzinfektionen (Candida) zeigen sich als weißliche Beläge; hier helfen Antimykotika nach ärztlicher Anweisung und strengere Trocknung der Umgebung.

112 rufen: Wann unbedingt?

– Schwere Atemnot, Zyanose, Bewusstseinstrübung.
– Kanüle lässt sich nicht platzieren, Stoma „zieht zu“.
– Starke, anhaltende oder pulsierende Blutung.
– Anhaltende Sättigung < 90 % trotz Maßnahmen.
– Beatmungsgerät-Alarm mit Luftnot, nicht behebbar.
– Neu aufgetretenes Krepitationsgefühl/Schwellung am Hals (Verdacht auf Luftnotfall).
– Nach Sturz/Trauma mit Schmerzen/Fehlstellung im Halsbereich.
– Bei Laryngektomie: Jeder relevante Atemnotfall, da Atemweg ausschließlich am Stoma verläuft.

Pflegegrad & Finanzierung

Pflege und Finanzierung greifen ineinander: Ein angemessener Pflegegrad entlastet den Alltag, Hilfsmittel sichern die Versorgung, und bei hohem Bedarf kann außerklinische Intensivpflege (AKI) hinzukommen. In Deutschland tragen Krankenversicherung (SGB V) und Pflegeversicherung (SGB XI) unterschiedliche Teile. Wichtig ist eine gute Dokumentation (Pflegetagebuch, Nächte, Notfälle, Materialverbrauch) und die frühzeitige Einbindung von Ärztinnen/Ärzten, Pflegefachpersonen, Hilfsmittelversorgern und ggf. Sozialberatung. Dieses Kapitel hilft bei der Einordnung und Vorbereitung.

Pflegegrad beantragen – Nachweise (Stomapflege, Nachtbedarf)

Antrag: Stellen Sie den Antrag bei Ihrer Pflegekasse (i. d. R. bei der Krankenkasse angesiedelt). Sie erhalten einen Begutachtungstermin durch den Medizinischen Dienst (MD) bzw. andere beauftragte Dienste.

Vorbereitung:
Pflegetagebuch: Tägliche Pflegezeiten realistisch erfassen (Hygiene/Verband, Absaugen, Kanülenmanagement, Inhalation, Materialvorbereitung/Entsorgung). Nächtliche Unterbrechungen separat dokumentieren (Absaugen, Alarm, Lagerung).
Besonderheiten: Atemtherapie, Logopädie-Aufwand, Schulungen von Angehörigen, Sturz-/Aspirationsrisiko, Notfälle.
Hilfsmittelbilanz: Verbrauch (HME, Katheter, Kompressen, Handschuhe), Wechselintervalle, Lieferhäufigkeit.
Ärztliche Unterlagen: Diagnosen, Verordnungen (Kanülentyp, Cuffvorgaben, Inhalation, ggf. Beatmung), Berichte über Klinikaufenthalte.

Begutachtung: Beschreiben Sie den Regelbedarf, nicht „gute Tage“. Zeigen Sie Material und Notfallset. Erklären Sie, warum nächtliche Bereitschaft erforderlich ist (z. B. sekretreiche Phasen, Beatmungsalarme, Kanülenverlegung).

Nach dem Bescheid: Prüfen Sie die Einstufung, legen Sie ggf. Widerspruch mit Begründung und Nachweisen ein (Fristen beachten). Nutzen Sie Pflegeleistungen (Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Entlastungsbetrag, Kurzzeit-/Verhinderungspflege) passend zu Ihrer Situation.

AKI bei invasiver Beatmung – Abgrenzung

Außerklinische Intensivpflege (AKI) richtet sich an Menschen mit besonders hohem behandlungspflegerischen Bedarf, z. B. bei invasiver Beatmung, komplexem Sekretmanagement, häufigen Entblockungs-/Cuffdruckanpassungen oder instabilen Situationen. Sie wird von der Krankenversicherung (SGB V) verordnet und bedarf einer besonderen Qualifikation der Leistungserbringer.

Abgrenzung:
AKI deckt behandlungspflegerische Leistungen und die für die Sicherheit erforderliche Präsenz/Bereitschaft ab.
Pflegegradleistungen (SGB XI) bleiben ergänzend bestehen (Grundpflege, Alltagsunterstützung).
– Die Kombination wird individuell festgelegt. Koordinieren Sie Verordnung, Genehmigung, Qualitätssicherung und regelmäßige Reevaluation mit Ärztinnen/Ärzten, Pflegedienst und Kasse.

Praxis: Halten Sie klare Notfall- und Vertretungspläne vor, vereinbaren Sie Visiten- und Schulungstermine und dokumentieren Sie Veränderungen (z. B. Reduktion der Beatmungszeiten, Entblockungsphasen, Dekanülierungsmöglichkeiten).

Hilfsmittel/Zuzahlungen (SGB V) vs. Pflegehilfsmittel (SGB XI)

SGB V (Krankenversicherung): Übernimmt medizinisch notwendige Hilfsmittel, u. a. Kanülen, HME-Filter, Absauggeräte, Katheter, Inhalationssysteme, Beatmungsbeutel. Es gelten Zuzahlungen gemäß Gesetz: in der Regel 10 %, mindestens 5 €, höchstens 10 € pro abgegebenem Hilfsmittel (Ausnahmen/Belastungsgrenzen möglich; Kinder und bestimmte Indikationen sind zuzahlungsbefreit). Verbrauchsmaterial wird je nach Vertragspauschalen geliefert.

SGB XI (Pflegeversicherung): Pflegehilfsmittel zum Verbrauch wie Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen können als Pauschale erstattet werden (derzeit bis zu 40 € pro Monat). Auch wohnumfeldverbessernde Maßnahmen sind möglich (z. B. Umbauten), sofern die Kriterien erfüllt sind.

Ihr Vorteil: Saubere Trennung und vollständige Dokumentation verhindern Versorgungslücken. Fragen Sie Ihren Versorger nach Vertragsdetails und Lieferintervallen; halten Sie Verordnungen aktuell.

FAQ – Tracheostoma

Kurz vorweg: Antworten sind bewusst prägnant. Für individuelle Anpassungen gilt stets die ärztliche Anordnung.

Kann ich mit Tracheostoma duschen?

Ja, mit Spritzschutz/Duschschutz. Richten Sie den Wasserstrahl weg vom Stoma, tragen Sie einen HME oder eine Schutzkappe und halten Sie Handtücher bereit. Baden/Schwimmen ist tabu.

Wie oft soll ich den HME-Filter wechseln?

Mindestens 1× täglich – bei Durchfeuchtung, Hustenstößen mit Sekret oder höherer Belastung sofort tauschen.

Darf ich ein Sprechventil immer tragen?

Nur wenn Kanüle, Atemkraft und Schluckfunktion passen. Lassen Sie die Eignung prüfen; bei Luftnot, Müdigkeit oder Sekretstau Ventil abnehmen und HME nutzen.

Wie erkenne ich, dass ich absaugen muss?

An gurgelnder Atmung, hörbarem Sekret, ineffektivem Husten oder sinkender Sättigung. Saugen Sie kurz und schonend ab; nicht prophylaktisch.

Welche Cuffdrücke sind sicher?

So niedrig wie möglich, so hoch wie nötig. Häufig sind 20–30 cmH₂O ein Zielrahmen – immer nach ärztlicher Vorgabe und mit Manometer prüfen.

Kann ich allein eine Kanüle wechseln?

Empfohlen sind zwei Personen. Allein nur, wenn Sie gut trainiert sind und ein Notfallplan besteht. Notfallset stets bereithalten.

Was tun bei versehentlicher Dekanülierung?

Ruhe bewahren, Ersatzkanüle einsetzen (wenn geübt), sonst 112 rufen. Laryngektomie: Beatmung nur am Stoma.

Ist Sport möglich?

Ja, maßvoll. Bevorzugen Sie Ausdauer in gemäßigter Intensität, achten Sie auf HME-Nutzung und trinken Sie ausreichend. Staubige, kalte oder sehr feuchte Umgebung meiden.

Welche Zeichen sprechen für eine Infektion?

Rötung, Schmerz, übel riechendes Sekret, Fieber, stärkerer Husten. Früh ärztlich klären und Befeuchtung/Hygiene optimieren.

Darf ich reisen und fliegen?

Ja, mit guter Planung: doppelte Materialmengen, ärztliche Bescheinigung, Adapter/Notstrom, Liste von Kliniken/Versorgern. Im Flugzeug HME häufiger wechseln.

Wie lagere ich mich nachts am besten?

Halbhohe Rückenlage unterstützt Sekretabfluss. Notfallset und Absauggerät griffbereit, Kabel nicht verspannen.

Brauche ich spezielle Kleidung?

Bequem und stomafreundlich. Halstücher/Schals dienen als Filter/Kälteschutz. Synthetik bei Hitze vermeiden; Vorsicht mit Faserflug.

Wer zahlt Absauggerät & Kanülen?

In der Regel die Krankenkasse (SGB V). Pflegehilfsmittel (z. B. Handschuhe) kommen über SGB XI. Es gelten Zuzahlungsregeln/Belastungsgrenzen.

Was mache ich bei sehr zähem Sekret?

Befeuchtung steigern (HME, Inhalation nach Anordnung), ausreichend trinken, Atemtherapie. Kochsalz in die Kanüle nur mit Anordnung.

Kann ich baden oder schwimmen?

Nein. Aspirationsgefahr. Duschen mit Spritzschutz ist möglich.

Muss ich den HME auch zu Hause tragen?

Ja, möglichst durchgehend, außer bei Inhalation, Absaugen oder wenn die ärztliche Anordnung etwas anderes vorsieht.

Wie reinige ich die Innenkanüle?

Nach Herstellerangaben. Meist abspülen, einweichen, mechanisch sanft reinigen, gut trocknen. Risse/Verfärbungen = austauschen.

Woher bekomme ich ein Notfallset?

Stellen Sie es mit Ihrem Hilfsmittelversorger zusammen. Trainieren Sie den Einsatz regelmäßig mit Familie/Pflegedienst.

Kann ich mit Haustieren leben?

Ja, mit zusätzlicher Hygiene: häufig lüften, Staub reduzieren, Stoma schützen, HME konsequent nutzen.

Was unterscheidet Tracheotomie und Laryngektomie?

Bei Tracheotomie bleibt der obere Atemweg erhalten; bei Laryngektomie atmen Sie ausschließlich durch das Stoma. Das ist im Notfall entscheidend.

Darf ich wieder Auto fahren?

Wenn Sie leistungsfähig und nicht beatmet sind und keine akuten Risiken bestehen. Besprechen Sie das mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.

Wie dokumentiere ich für den Pflegegrad?

Führen Sie ein Pflegetagebuch: Zeiten für Hygiene, Absaugen, Material, Nächte, Notfälle, Therapieaufwand. Unterlagen geordnet bereithalten.

Wie oft sollte der Cuffdruck gemessen werden?

Zu Beginn jeder Schicht bzw. täglich zu Hause und nach jeder Füllmengenänderung; zusätzlich bei Luftleck/Unwohlsein.

Hilft ein Luftbefeuchter im Raum?

Er kann ergänzen, ersetzt aber den HME nicht. Achten Sie auf Schimmelprävention und regelmäßige Reinigung.

Was tun bei Granulationsgewebe?

Ärztlich beurteilen lassen. Häufig helfen Druckentlastung, Hautschutz und ggf. gezielte Behandlung. Nicht selbst entfernen.

Kann ich ein Fenestrat tragen, wenn ich viel inhaliere?

Nur, wenn es freigegeben ist. Gefahr der Deposition in der Öffnung; ggf. unfenestrierte Innenkanüle zum Inhalieren verwenden.

Gibt es Nacht-HME?

Ja, HME mit geringerem Atemwiderstand können nachts angenehmer sein. Prüfen Sie mit Ihrem Versorger, was passt.

Wie gehe ich mit Stromausfällen um?

Akkus geladen halten, manuelle Optionen bereitlegen, Notfallkontakte und Plan sichtbar hinterlegen. Regelmäßig üben.

Erhöht trockene Winterluft die Probleme?

Ja. Nutzen Sie den HME konsequent, trinken Sie mehr und kontrollieren Sie die Raumfeuchte (Lüften, ggf. Befeuchter).

Fazit

Sichere Tracheostomaversorgung beruht auf drei Säulen: trainierte Abläufe, passende Hilfsmittel und klug organisierte Leistungen. Wer Händehygiene, Verbandwechsel, HME-Nutzung und Absaugtechnik routiniert beherrscht, verhindert die meisten Komplikationen. Ein sorgfältig zusammengestelltes Notfallset und geübte Algorithmen schaffen Sicherheit, wenn es darauf ankommt. Prüfen Sie regelmäßig Passform und Druckverhältnisse, dokumentieren Sie Veränderungen und binden Sie Ihr Behandlungsteam eng ein. Bei den Leistungen hilft die klare Trennung: SGB V für medizinische Hilfsmittel/AKI,

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