Eine Patientenverfügung ist Ihre schriftliche Anweisung für den Fall, dass Sie krankheits- oder unfallbedingt Ihren Willen nicht mehr bilden oder äußern können. Sie legt fest, welche ärztlichen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen. Richtig formuliert, ist sie für Ärztinnen und Ärzte sowie für Ihre Vertreterinnen und Vertreter verbindlich. Sie schafft Klarheit in kritischen Situationen, entlastet Angehörige und hilft, den eigenen Wertvorstellungen Geltung zu verschaffen – etwa zur Frage, ob lebensverlängernde Maßnahmen in aussichtslosen Situationen durchgeführt werden sollen.
Ebenso wichtig wie der Inhalt ist die Zugänglichkeit: Nur was rechtzeitig auffindbar ist, kann wirken. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Ihre Patientenverfügung in Deutschland rechtssicher formulieren, mit anderen Vorsorgedokumenten wie Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung verzahnen, sinnvoll aufbewahren und – bei Bedarf – im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) registrieren. Dazu erhalten Sie konkrete Formulierungsbeispiele, Hinweise zur Aktualisierung und Widerrufsmöglichkeit sowie eine transparente Übersicht typischer Kostenpositionen.
Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung, in der Sie medizinische Behandlungen und pflegerische Maßnahmen für künftige Situationen regeln, in denen Sie einwilligungsunfähig sind. Sie richtet sich primär an behandelnde Ärztinnen und Ärzte sowie an Ihre bevollmächtigten oder gerichtlich bestellten Vertreter. Kernziel ist, Ihren Selbstbestimmungsanspruch zu wahren, auch wenn Sie sich nicht mehr äußern können. Damit dies gelingt, muss die Verfügung konkrete Situationen und Maßnahmen benennen, Ihre persönlichen Wertvorstellungen erkennbar machen und aktuell sein. Sie gilt unabhängig vom Alter und erfordert keine notarielle Form, kann aber mit anderen Vorsorgedokumenten kombiniert werden.
Definition und Zweck
Mit einer Patientenverfügung legen Sie im Voraus fest, welche medizinischen Eingriffe Sie wünschen oder ablehnen, etwa Wiederbelebung (Reanimation), künstliche Beatmung, Dialyse, Gabe von Blutprodukten, künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Antibiotikatherapie, Schmerz- und Symptombehandlung (Palliativmedizin) oder palliative Sedierung.
Zweck ist, Entscheidungen zu treffen, bevor eine Notlage eintritt, damit Ihr Wille in Einklang mit medizinischen Standards umgesetzt werden kann. Die Verfügung reduziert Unsicherheiten im Behandlungsteam und in der Familie, vermeidet Konflikte und unnötige gerichtliche Verfahren. Sie ersetzt nicht das ärztliche Aufklärungsgespräch, bindet aber die Einwilligung bzw. Ablehnung bestimmter Maßnahmen in klar umschriebenen Situationen.
Abgrenzung zu Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Die Patientenverfügung enthält inhaltliche Behandlungswünsche oder -verbote.
Die Vorsorgevollmacht ermächtigt eine von Ihnen benannte Person (Bevollmächtigte/r), Sie in Gesundheitsangelegenheiten zu vertreten und gegenüber Ärztinnen und Ärzten zu entscheiden. Sie ist das „Wer entscheidet?“.
Die Betreuungsverfügung enthält Wünsche für den Fall, dass ein Gericht eine Betreuung anordnet (z. B. Personenvorschläge, Ausschluss bestimmter Personen). Sie ist eine gerichtliche Leitlinie, ersetzt aber keine Vorsorgevollmacht.
In der Praxis wirken die Dokumente zusammen: Die Patientenverfügung beantwortet das „Was?“, die Vorsorgevollmacht das „Wer?“, die Betreuungsverfügung das „Wie im Gerichtsfall?“. Idealerweise sind alle drei aufeinander abgestimmt.
Wirksamkeit, Bindungswirkung und Widerruf
Eine wirksame Patientenverfügung setzt Ihre Einwilligungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung voraus, Schriftform mit Unterschrift und inhaltliche Bestimmtheit. Sie entfaltet Bindungswirkung, wenn die von Ihnen beschriebene Behandlungssituation vorliegt und Ihre Festlegungen hinreichend konkret sind. Ärztinnen und Ärzte, Bevollmächtigte oder Betreuerinnen/Betreuer sind daran gebunden, soweit keine zwingenden Gründe entgegenstehen.
Sie können Ihre Verfügung jederzeit formlos widerrufen – mündlich, schriftlich oder durch schlüssiges Verhalten. Aus Gründen der Beweisbarkeit empfiehlt sich die schriftliche Aktualisierung, idealerweise mindestens alle zwei Jahre mit Datumsangabe und erneuter Unterschrift.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Basis der Patientenverfügung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Daneben sind die Vorschriften zum Behandlungsvertrag und zur Dokumentation im BGB bedeutsam. Das seit 2023 geltende Ehegattennotvertretungsrecht ergänzt die Vorsorge in akuten Notsituationen, ersetzt aber eine vorausschauende Regelung nicht. Wichtig ist das Zusammenspiel: Ihre Verfügung bestimmt den Willen, das Medizinrecht regelt Aufklärung, Einwilligung und Dokumentation, das Betreuungsrecht ordnet das Verfahren bei Konflikten.
§ 1827 BGB: Inhalt, Bindung, Rolle von Arzt und Vertreter
§ 1827 BGB (Patientenverfügung; Behandlungswünsche oder mutmaßlicher Wille) verankert die Verbindlichkeit der Patientenverfügung. Entscheidend ist die Bestimmtheit: Je konkreter Situationen (z. B. unheilbare, zum Tode führende Krankheit; dauerhaftes schweres Hirnversagen; Endstadium einer chronischen Erkrankung) und Maßnahmen (z. B. keine Wiederbelebung, keine künstliche Ernährung per PEG-Sonde) beschrieben sind, desto klarer ist die Bindung.
Bevollmächtigte und Betreuer haben die Aufgabe, den in der Verfügung niedergelegten Willen durchzusetzen. Ärztinnen und Ärzte prüfen, ob die beschriebene Situation vorliegt und stimmen die Behandlung entsprechend ab. Fehlt eine einschlägige Festlegung, ist der mutmaßliche Wille anhand Ihrer Werte, früherer Äußerungen und Lebenssituation zu ermitteln.
§ 630d/§ 630f BGB: Einwilligung und Dokumentation
§ 630d BGB (Einwilligung) regelt, dass medizinische Maßnahmen die wirksame Einwilligung der Patientin oder des Patienten erfordern – oder ersatzweise die Entscheidung der vertretungsberechtigten Person nach Maßgabe der Patientenverfügung. Aufklärung und Information bleiben Pflicht, soweit möglich.
§ 630f BGB (Dokumentation der Behandlung) verpflichtet die Behandelnden zur sorgfältigen Patientenakte. Dazu gehört die Ablage von Vorsorgedokumenten (Kopie/Scan), die Dokumentation geführter Gespräche und der Abwägung zwischen Verfügung, aktuellem Zustand und indizierten Maßnahmen. Eine saubere Dokumentation erleichtert im Konfliktfall die gerichtliche Überprüfung.
Ehegattennotvertretungsrecht (§ 1358 BGB) – Grenzen
Nach § 1358 BGB können Ehegattinnen/Ehegatten oder Lebenspartnerinnen/Lebenspartner in akuten gesundheitlichen Notsituationen für bis zu sechs Monate vertreten, wenn keine Vorsorgevollmacht besteht und der Patient einwilligungsunfähig ist. Der Umfang ist auf dringliche Gesundheitsangelegenheiten beschränkt; bestimmte Maßnahmen (z. B. freiheitsentziehende Maßnahmen, Langzeitunterbringungen) sind ausgenommen.
Wichtig: Das Notvertretungsrecht tritt hinter einer bestehenden Vorsorgevollmacht zurück und ersetzt die Patientenverfügung nicht. Auch im Rahmen des § 1358 BGB sind die in einer vorhandenen Patientenverfügung niedergelegten Festlegungen maßgeblich.
Inhalte & Formulierung
Werden Situationen und Maßnahmen konkret benannt, ist die Patientenverfügung rechtssicherer und praxisnäher. Vermeiden Sie reine Allgemeinplätze wie „keine lebensverlängernden Maßnahmen“, ohne zu erläutern, was das in konkret beschriebenen Lagen bedeutet. Hilfreich sind Positiv-/Negativlisten, die Ihre Werte (Autonomie, Lebensqualität, Religiosität) und Behandlungsziele (Heilung, Lebensverlängerung, Leidminderung) widerspiegeln. Integrieren Sie auch Aussagen zu palliativer Versorgung und Schmerztherapie, um Missverständnisse auszuschließen.
Typische Behandlungssituationen (Intensivtherapie, künstliche Ernährung, Schmerztherapie)
Beschreiben Sie Situationen, in denen Ihre Anordnungen gelten sollen, beispielsweise:
- Endstadium einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung mit absehbar kurzer verbleibender Lebenszeit.
- Dauerhafte, schwere Schädigung des Gehirns (z. B. anhaltender Bewusstseinsverlust, apallisches Syndrom), bei der eine Rückkehr zu einem eigenbestimmten Leben extrem unwahrscheinlich ist.
- Fortgeschrittene Demenz mit Verlust der Kommunikations- und Nahrungsaufnahmefähigkeit, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht.
- Irreversible Multiorganinsuffizienz trotz adäquater Therapie.
In diesen Situationen können Sie zu folgenden Maßnahmen präzise anordnen:
- Reanimation (Wiederbelebung/CPR): „In den beschriebenen Situationen lehne ich Wiederbelebungsmaßnahmen ab.“
- Künstliche Beatmung/Intensivtherapie: „Dauerhafte invasive Beatmung lehne ich ab; eine zeitlich begrenzte, nichtinvasive Beatmung zur Symptomlinderung akzeptiere ich, sofern Aussicht auf Erholung besteht.“
- Dialyse: „Kein Beginn bzw. Abbruch der Dialyse bei irreversibler Multiorganinsuffizienz.“
- Künstliche Ernährung/Flüssigkeit (PEG, parenteral): „Keine künstliche Ernährung; Flüssigkeit zur Symptomlinderung in geringer Menge ist möglich.“
- Antibiotika/Blutprodukte: „Nur zur Symptomlinderung, nicht zur Lebensverlängerung ohne Aussicht auf Wiedererlangung von Lebensqualität.“
- Schmerz- und Symptombehandlung (Palliativmedizin): „Maximale Linderung von Schmerzen, Atemnot, Angst und Übelkeit, auch wenn dies eine Lebensverkürzung als Nebenwirkung bedeuten kann (Grundsatz der Doppelwirkung).“
- Palliative Sedierung: „Wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, wünsche ich eine proportional palliative Sedierung zur Leidminderung.“
Eine prägnante Übersicht kann helfen:
| Maßnahme | In definierten Situationen | Abweichung zulässig? | Ziel |
| Reanimation | abgelehnt | nein | keine lebensverlängernde Notfallmaßnahme |
| Invasive Beatmung | abgelehnt | ja, kurzfristiger Versuch bei realistischer Erholung | Leidminderung, Probetherapie |
| Nichtinvasive Beatmung | erlaubt | ja, symptomorientiert | Atemnot lindern |
| Dialyse | abgelehnt | nein | keine lebensverlängernde Maßnahme |
| Künstliche Ernährung | abgelehnt | ja, zeitbegrenzter Versuch bei klarer Rehabilitationsperspektive | Ernährungsaufbau prüfen |
| Flüssigkeit | symptomorientiert | ja | Durst/Unruhe lindern |
| Antibiotika | nur symptomorientiert | ja | Fieber/Schmerzen senken |
| Palliative Sedierung | erlaubt | nein | Sterbephase erleichtern |
Positiv-/Negativlisten und individuelle Wertvorstellungen
Positivlisten formulieren, was Sie möchten: „angemessene Schmerztherapie“, „angstlösende Begleitung“, „Atemnotlinderung“, „Seelsorge auf Wunsch“, „Anwesenheit vertrauter Personen“.
Negativlisten halten fest, was Sie ablehnen: „keine künstliche Ernährung“, „keine invasive Beatmung“, „keine intensivmedizinische Maximaltherapie ohne realistische Aussicht auf Wiedererlangung von Kommunikationsfähigkeit und Selbstbestimmung“.
Hinterlegen Sie diese Festlegungen mit Werten: Bedeutung von Autonomie, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, Mobilität, religiösen Überzeugungen, Angst vor Abhängigkeit oder Schmerzen. Je klarer Ihre Werte, desto besser können Bevollmächtigte und Ärztinnen/Ärzte in Grenzfällen den mutmaßlichen Willen bestimmen.
Beispielpassage:
„Ich wünsche in unheilbarer, zum Tode führender Situation ausschließlich Maßnahmen der Palliativmedizin zur Linderung von Schmerzen, Atemnot, Angst und Übelkeit. Lebensverlängernde Maßnahmen wie Reanimation, invasive Beatmung, Dialyse und künstliche Ernährung lehne ich ab. Eine nichtinvasive Atemunterstützung und geringe Flüssigkeitsgabe zur Symptomkontrolle akzeptiere ich. Meine Lebensqualität definiere ich durch Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit; ist diese dauerhaft und hochwahrscheinlich nicht wieder zu erlangen, wünsche ich keine intensivmedizinische Behandlung.“
Form, Unterschrift, Aktualisierung und Widerruf
Es genügt die Schriftform mit Datum und eigenhändiger Unterschrift. Hilfreich sind Ort, Geburtsdatum und ggf. ergänzende Initialen auf jeder Seite. Medizinische Beratung ist sinnvoll, aber nicht zwingend.
Aktualisierung: Überprüfen Sie die Verfügung regelmäßig (z. B. alle zwei Jahre) und bei wesentlichen Ereignissen (neue Diagnose, größere Operation, Pflegebedürftigkeit). Bestätigen Sie Aktualität mit Datum und erneuter Unterschrift.
Widerruf: Jederzeit möglich – schriftlich, mündlich oder durch eindeutiges Verhalten. Vernichten Sie veraltete Exemplare und informieren Sie alle, die eine Kopie haben.
Barrierefreiheit: Erwägen Sie eine leicht verständliche Fassung sowie ggf. eine ärztliche Mitzeichnung oder Beratung, um Missverständnisse zu vermeiden.
Zugänglichkeit & Registrierung
Eine exzellent formulierte Patientenverfügung nützt wenig, wenn sie im Ernstfall unauffindbar ist. Sorgen Sie deshalb für klare Aufbewahrung, eindeutige Notfallhinweise und informierte Vertrauenspersonen. Nutzen Sie ärztliche Akten, digitale Ablagen und – falls gewünscht – die Registrierung relevanter Daten im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR). Entscheidend ist, dass Rettungsdienst, Klinik und Hausarztpraxis möglichst schnell erfahren, dass eine Verfügung existiert und wo sie liegt.
Aufbewahrung, Notfallhinweise, Arztpraxis/Klinik
Bewahren Sie das Original gut auffindbar zu Hause auf; legen Sie beglaubigte Kopien oder Scans bei der Vorsorgebevollmächtigten/dem Bevollmächtigten, in der Hausarztpraxis und – falls planbar – in der Klinikakte ab.
Tragen Sie einen Notfallausweis oder eine Hinweiskarte im Portemonnaie (z. B. „Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht vorhanden – Kontakt: [Name, Telefon]“). Platzieren Sie einen unübersehbaren Hinweis am Kühlschrank oder in der Nähe der Wohnungstür, wenn der Rettungsdienst schnell zugreifen können soll.
Digitale Sicherungen (z. B. in einer verschlüsselten Cloud) sind hilfreich, wenn die Zugriffsberechtigten und Zugangswege eindeutig geregelt sind. Prüfen Sie, dass die jeweils aktuelle Version verteilt ist.
Zentrales Vorsorgeregister (ZVR): Zweck und Ablauf
Das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR) wird von der Bundesnotarkammer geführt. Es speichert keine Inhalte der Patientenverfügung, sondern Hinweise, dass eine Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung existiert, wer bevollmächtigt ist und wo die Dokumente auffindbar sind. Betreuungsgerichte und in der Regel auch Notariate fragen das Register ab, um in Eilverfahren schnell Klarheit zu erhalten.
Die Online-Anmeldung erfolgt in wenigen Schritten: Angaben zur Person, zu Bevollmächtigten und zur Aufbewahrung; optional mehrere Vertrauenspersonen. Nach Registrierung erhalten Sie eine Bestätigung und eine Registrierungsnummer. Änderungen (z. B. neue Adresse, neue Bevollmächtigte) sollten zeitnah nachgetragen werden.
Vertrauenspersonen und Informationswege
Benennen und informieren Sie Bevollmächtigte, Ersatzbevollmächtigte und weitere Vertrauenspersonen. Übergeben Sie Ihnen Kopien und sprechen Sie die Inhalte durch. Legen Sie fest, wer im Notfall zu benachrichtigen ist.
Erbitten Sie von Ihrer Hausarztpraxis die Ablage einer Kopie in der Patientenakte. Bei geplanten Eingriffen sollte die Klinik die Verfügung vorab erhalten. Ein kurzer, klarer Informationsplan (Wer? Wie? Wo?) stellt sicher, dass Ihr Wille gefunden und umgesetzt wird.
Kosten & Preise
Die Erstellung einer Patientenverfügung kann kostenfrei erfolgen, wenn Sie sie selbst verfassen. Kosten entstehen vor allem für Beratung, notarielle Mitwirkung oder die Registrierung im ZVR. Die Vergütung richtet sich je nach Dienstleistung nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) bzw. dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Entscheidend sind Geschäftswert, Umfang und Auslagen. Transparenz schaffen Sie, indem Sie vor Beauftragung einen Kostenrahmen einholen.
Registrierungsgebühren (ZVR) – einmalig
Für die Online-Registrierung beim ZVR fällt eine Grundgebühr von 20,50 € an. Werden zusätzliche Vertrauenspersonen eingetragen, kommen in der Regel 3,50 € je Person hinzu. Änderungen der Eintragung sind möglich; hierfür können geringe Änderungs- oder Ergänzungsgebühren anfallen. Da das ZVR Inhalte nicht speichert, bleibt die eigentliche Dokumentenpflege bei Ihnen; die Registrierung dient als Auffindbarkeits- und Zuständigkeitsnachweis insbesondere gegenüber Gerichten.
Notarielle Beurkundung/Beglaubigung nach GNotKG
Eine notarielle Beurkundung ist für die Patientenverfügung nicht vorgeschrieben, kann aber sinnvoll sein, wenn komplexe Konstellationen vorliegen oder die Beweiskraft erhöht werden soll – häufig im Paket mit einer Vorsorgevollmacht. Beispielhafte Gebühren nach GNotKG (abhängig vom Geschäftswert und Einzelfall, inkl. Auslagen/MwSt. variabel):
- Beispielgebühr 1,0 bei Geschäftswertkombination Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung: ca. 165 – 219 €.
- Einfache Unterschriftsbeglaubigung (ohne Inhaltsprüfung): teils ca. 30 €.
Wichtig: Der konkrete Betrag ergibt sich aus dem individuellen Geschäftswert, der Zahl der Ausfertigungen und eventuellen Zusatzleistungen (Beratung, Entwürfe, Post-/Telekommunikationspauschalen).
Beratungskosten (individuell, RVG/GNotKG-basiert)
Für juristische Beratung durch Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte gelten das RVG und ggf. Honorarvereinbarungen. Eine medizinische Beratung (z. B. durch Hausärztinnen/Hausärzte oder Palliativteams) kann im Rahmen der Regelversorgung stattfinden; vertiefte Vorsorgegespräche sind mitunter Selbstzahlerleistungen.
Tipp: Fragen Sie nach Pauschalen für ein Vorsorgepaket (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Notfallkarte, ZVR-Registrierung). Viele Notariate und Anwaltskanzleien bieten transparente Setups an.
Ablauf: Erstellung Schritt für Schritt
Eine gute Patientenverfügung entsteht in Ruhe – nicht am Vorabend einer Operation. Planen Sie Zeit für Reflexion, Gespräche und saubere Dokumentation ein. Arbeiten Sie mit Checklisten und Beispielsätzen, aber formulieren Sie Ihre eigenen Werte und Grenzen. So schaffen Sie Verbindlichkeit und Praktikabilität.
Vorbereitung: Werte, medizinische Szenarien, Gespräche
- Selbstreflexion: Was bedeutet für Sie Lebensqualität (Kommunikation, Selbstständigkeit, Mobilität, geistige Klarheit)? Welche Ängste haben Sie (Schmerzen, Abhängigkeit, Lebensverlängerung ohne Perspektive)?
- Szenarien definieren: Endstadium, schweres Hirnversagen, fortgeschrittene Demenz, Multiorganversagen, akute Notlage mit geringer Erholungsperspektive.
- Medizinische Optionen verstehen: Reanimation, Beatmung (invasiv/nichtinvasiv), Dialyse, künstliche Ernährung/Flüssigkeit, Antibiotika, Blutprodukte, Palliativmaßnahmen, palliative Sedierung.
- Gespräche führen: Mit Bevollmächtigten, Angehörigen, Hausärztin/Hausarzt, ggf. Seelsorge.
- Dokumentenverbund planen: Patientenverfügung + Vorsorgevollmacht + Betreuungsverfügung; Notfallkarte und ZVR-Eintragung.
- Barrieren bedenken: Sprache, Lesbarkeit, digitaler Zugriff, Kopien an den richtigen Stellen.
Erstellung, Gegenzeichnung, ggf. notarielle Mitwirkung
- Erstellung: Verwenden Sie eine klare Struktur mit Überschriften, Situationen, Maßnahme-Entscheidungen (Positiv/Negativ), Wertedeklaration, Palliativabschnitt, Probetherapie-Klausel (zeitlich begrenzte Versuche).
- Gegenzeichnung/Beratung: Bitten Sie Bevollmächtigte, das Dokument mitzulesen und den Erhalt zu bestätigen (z. B. durch Gegenzeichnung „zur Kenntnis genommen“). Eine ärztliche Mitzeichnung ist nicht erforderlich, kann aber die medizinische Angemessenheit stützen.
- Notarielle Mitwirkung: Bei komplexen Familienkonstellationen, erwartbaren Konflikten oder Zweifeln an der Einwilligungsfähigkeit zum Erstellungszeitpunkt kann notarielle Beratung/Beurkundung sinnvoll sein.
Beispiel-Probetherapie-Klausel:
„In Grenzfällen erlaube ich eine zeitlich strikt begrenzte Probetherapie (z. B. nichtinvasive Beatmung für maximal 72 Stunden), die beendet wird, wenn das definierte Therapieziel (klinische Besserung, Aussicht auf Wiedererlangung von Kommunikationsfähigkeit) nicht erkennbar erreicht wird.“
Hinterlegung, Information der Beteiligten, regelmäßige Aktualisierung
- Hinterlegen: Original zu Hause, Kopien/Scans bei Bevollmächtigten, Hausarztpraxis, ggf. Klinik. Digitale Ablage mit klarem Zugriffskonzept.
- Informieren: Notfallkarte im Portemonnaie; QR-Code/Notiz an prominenter Stelle; Telefonnummern der Bevollmächtigten bei der Hausarztpraxis und auf der Karte.
- Registrieren: ZVR-Eintragung vornehmen und aktuell halten.
Aktualisieren: Alle zwei Jahre prüfen; Änderungen mit Datum/Unterschrift. Alte Versionen vernichten; Verteiler informieren.
Sonderfälle & Streit
Auch die beste Vorausplanung kann Grenzfragen nicht vollständig vermeiden. Für diese Fälle bietet das Betreuungsrecht ein geordnetes Verfahren. Wichtig ist, dass alle Beteiligten – Behandelnde, Bevollmächtigte, Angehörige – den Weg kennen und dokumentieren.
Uneinigkeit zwischen Arzt und Vertreter: Betreuungsgericht
Kommt es zu Uneinigkeit über die Auslegung oder Anwendung der Patientenverfügung, kann das Betreuungsgericht angerufen werden. Zuständig ist das Amtsgericht (Betreuungsgericht) am Aufenthaltsort. Das Verfahren richtet sich nach den §§ 271 ff. FamFG (Betreuungssachen). Das Gericht klärt, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verfügung vorliegen und wie der Patientenwille umzusetzen ist.
In eilbedürftigen Situationen kann das Gericht vorläufige Anordnungen treffen. Eine sorgfältige ärztliche Dokumentation (§ 630f BGB) und die klare Benennung der Bevollmächtigten erleichtern die Entscheidung.
Fehlende Eindeutigkeit: mutmaßlicher Wille
Fehlt eine einschlägige Festlegung oder ist die Formulierung zu unbestimmt, ist der mutmaßliche Wille zu ermitteln. Maßgeblich sind frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, religiöse/ethische Überzeugungen, Wertvorstellungen, Lebensgeschichte und Interessen. Bevollmächtigte sind gehalten, diesen Willen gewissenhaft zu vertreten; Ärztinnen/Ärzte dokumentieren die Abwägung.
Empfehlung: Ergänzen Sie Ihre Verfügung um eine Werteerklärung mit Beispielen aus Ihrem Leben. Sie ist oft der Schlüssel in Grenzlagen.
Internationale Reisen und Sprachfassungen
Auf Auslandsreisen kann eine deutsche Patientenverfügung auf Verständnishürden stoßen. Führen Sie eine zweisprachige Kurzfassung (Deutsch/Englisch) mit, die Ihre Kernanordnungen und Kontaktdaten der Bevollmächtigten enthält. In einigen Ländern sind lokale Formvorschriften zu beachten; dort wirkt die Verfügung zumindest als Willensindiz.
Bewahren Sie digitale Kopien griffbereit auf. Hinterlegen Sie bei Flug- oder Kreuzfahrtreisen eine Kopie im Reiseportal oder bei der Reiseleitung, wenn verfügbar.
FAQ – Patientenverfügung
Kurze Antworten auf häufige Fragen – jede Situation ist individuell. Im Zweifel lassen Sie sich beraten.
Was ist der Unterschied zwischen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht?
Die Patientenverfügung regelt Inhalte der Behandlung (Was ist erlaubt/abgelehnt?). Die Vorsorgevollmacht bestimmt Personen, die für Sie entscheiden (Wer entscheidet?). Optimal wirken beide zusammen.
Brauche ich für eine wirksame Patientenverfügung einen Notar?
Nein. Schriftform mit Datum und eigenhändiger Unterschrift genügt. Eine notarielle Beurkundung kann aus Beweis- und Beratungsgründen sinnvoll sein, ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
Ab welchem Alter kann ich eine Patientenverfügung erstellen?
Sobald Sie einwilligungsfähig sind. Maßgeblich ist nicht das Lebensalter, sondern Ihre Fähigkeit, Bedeutung und Tragweite der Entscheidungen zu verstehen.
Wie konkret müssen meine Festlegungen sein?
So konkret wie möglich. Benennen Sie Situationen (z. B. Endstadium, schweres Hirnversagen) und Maßnahmen (z. B. „keine Reanimation“, „keine künstliche Ernährung“). Allgemeinfloskeln sind riskant.
Kann ich einzelne Maßnahmen nur testweise erlauben?
Ja. Vereinbaren Sie eine Probetherapie mit klarer Zeitgrenze und Abbruchkriterien. So vermeiden Sie Übertherapie und erhalten eine Chance auf Besserung.
Was passiert, wenn meine Angehörigen anderer Meinung sind als meine Verfügung?
Die Verfügung ist bindend, wenn die beschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Bevollmächtigte und Ärztinnen/Ärzte müssen sie umsetzen. Bei Streit entscheidet das Betreuungsgericht.
Gilt meine Patientenverfügung auch bei Demenz?
Ja, wenn die beschriebenen Situationen eintreten und die Festlegungen einschlägig sind. Eine frühzeitige Erstellung ist sinnvoll, solange volle Einwilligungsfähigkeit besteht.
Kann ich meine Entscheidung jederzeit ändern?
Ja. Widerruf ist jederzeit formlos möglich. Aus Beweisgründen empfiehlt sich eine schriftliche Aktualisierung mit Datum/Unterschrift und Information aller Beteiligten.
Wie erfährt das Krankenhaus von meiner Verfügung?
Durch Notfallhinweise (Karte im Portemonnaie), die Ablage einer Kopie in der Hausarztpraxis, Mitnahme zur Klinikaufnahme und durch informierte Bevollmächtigte. Eine ZVR-Registrierung erleichtert gerichtliche Abfragen.
Welche Rolle spielt das Ehegattennotvertretungsrecht (§ 1358 BGB)?
Es ermöglicht Vertretung in akuten Notsituationen für bis zu sechs Monate, wenn keine Vorsorgevollmacht besteht. Es ersetzt Ihre Patientenverfügung nicht; diese bleibt maßgeblich.
Muss ich mich im Zentralen Vorsorgeregister registrieren?
Nein, es ist freiwillig. Die Registrierung erhöht aber die Auffindbarkeit Ihrer Vorsorgedokumente, insbesondere für Gerichte, und schafft Klarheit über Zuständigkeiten.
Was kostet die Registrierung im ZVR?
Die Grundgebühr für die Online-Registrierung beträgt 20,50 €. Zusätzliche Vertrauenspersonen kosten in der Regel 3,50 € je Person. Änderungen können zusätzliche geringe Gebühren auslösen.
Wo bewahre ich das Original auf?
Zuhause an einem gut auffindbaren Ort. Kopien/Scans erhalten Bevollmächtigte, Hausarztpraxis und – bei geplanten Eingriffen – die Klinik. Digitale Sicherung mit geregeltem Zugriff ist empfehlenswert.
Brauche ich ärztliche Beratung?
Pflicht ist sie nicht, aber praktisch sehr hilfreich – insbesondere, um medizinische Optionen realistisch zu bewerten und Missverständnisse auszuschließen. Palliativteams sind häufig gute Ansprechpartner.
Sind freiheitsentziehende Maßnahmen in der Patientenverfügung regelbar?
Sie können Ihre Haltung darstellen und Bevollmächtigte anweisen. Für bestimmte Maßnahmen sind aber zusätzliche gesetzliche Voraussetzungen und gerichtliche Genehmigungen erforderlich; das regelt das Betreuungsrecht.
Was ist, wenn meine Verfügung im Notfall nicht greifbar ist?
Dann entscheiden Ärztinnen/Ärzte nach medizinischer Indikation und mutmaßlichem Willen. Deshalb sind Notfallhinweise und informierte Bevollmächtigte so wichtig. Reichen Sie die Verfügung schnellstmöglich nach.
Kann ich religiöse oder weltanschauliche Aspekte festhalten?
Ja. Formulieren Sie, welche seelsorgerische Begleitung Sie wünschen und wie Ihre Überzeugungen medizinische Entscheidungen beeinflussen sollen. Das erleichtert die Auslegung.
Wie oft sollte ich aktualisieren?
Empfehlenswert ist eine Zwei-Jahres-Routine oder anlassbezogen (neue Diagnose, Operation, Pflegegrad). Notieren Sie Datum und unterschreiben Sie erneut.
Gilt meine Verfügung im Ausland?
Sie wirkt als Willensindiz; rechtliche Anerkennung variiert. Führen Sie eine zweisprachige Kurzfassung mit und informieren Sie Reisepartner/-leitung. Vor Ort können Formvorschriften abweichen.
Was, wenn ich keine Vorsorgevollmacht habe?
Dann greift ggf. das Ehegattennotvertretungsrecht oder das Gericht bestellt eine Betreuerin/einen Betreuer. Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie selbst, wer entscheidet – das ist vorzugswürdig.
Fazit
Eine Patientenverfügung ist das zentrale Instrument, um Ihr Selbstbestimmungsrecht medizinisch wirksam zu machen. Frühzeitig erstellt, konkret formuliert und leicht zugänglich hinterlegt, schafft sie Klarheit für Behandlungsteams und Angehörige und verhindert unnötige Konflikte. Verknüpfen Sie die Verfügung mit einer Vorsorgevollmacht und – für Gerichts- und Notfallzugriff – einer ZVR-Registrierung. Nennen Sie eindeutige Situationen (Endstadium, schweres Hirnversagen, fortgeschrittene Demenz) und Maßnahmen (Reanimation, Beatmung, künstliche Ernährung etc.) und ergänzen Sie eine Werteerklärung. Vereinbaren Sie bei Unsicherheit Probetherapien mit klaren Abbruchkriterien. Pflegen Sie das Dokument: alle zwei Jahre prüfen, datieren und unterschreiben, alte Versionen vernichten und alle Beteiligten informieren. So erhöhen Sie die rechtliche Bindungswirkung, sichern eine sorgsame Umsetzung Ihres Willens und gewinnen – für sich und Ihre Angehörigen – verlässliche Orientierung in den schwersten Stunden.


